Giovanni da. Bologna.
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gar tiefe Wurzel hat und sich meist mit Allgemeinheiten begnügt.
Daneben aber hat Giovanni einen sehr entwickelten Sinn für bedeu-
tende, hochwirksame Gesammtumrisse; seine Statuen und vorzüglich
seine Gruppen stehen prächtig in der freien Luft und bleiben, so
kühn sie auch hinausgreifen, doch immer statisch möglich und wahr-
scheinlich; er will nicht, wie Bernini bisweilen, das Unglaubliche dar-
stellen. Der eigentliche, meist sehr energische Inhalt berührt uns trotz
aller Bravour der Linien und des Baues innerlich weniger, schon weil
die Formenbildung eine zu allgemeine ist und das Lebensgefühl sich
doch nur auf das Motiv beschränkt.
An dem schön gedachten Brunnen auf dem grossen Platz zu Bo- a
logna (1564) soll zwar der Entwurf des Ganzen von dem Maler
Tommaso Laureti und nur das Plastische von Giovanni herrühren.
Allein es scheint, als hätte letzterer schon beim Entwurf sein Wort
mitgeredet. Man bemerkt schon ganz seine Art, durch Einziehung
nach unten, durch kühne luftige Stellung der Figuren zu wirken; das
Verhältniss des Ornamentes zum Figürliclicn verräth den vollendeten
Decorator. Vom Einzelnen sind die Putten mit den Delphinen aus-
gezeichnet gut bewegt, und der Neptun, bei ziemlich allgemeiner
herculischer Bildung, doch in den Linien eifectreich.
Am vollkommensten befriedigt die colossale Gruppe des Oceanusb
und der drei grossen Stromgötter auf dem Brunnen der Insel im
Garten Boboli, eine möblirende Prachtdecoration ersten Ranges,
scheinbar leicht schwebend durch das Einziehen der die Urnen um-
schlingenden Beine dcr Flussgötter an den schlanken Pfeiler in der
Mitte der Schale. -Die weltberühmte Gruppe des Raubes der Sa-c
binerinnen (Loggia de, Lanzi), deutlich und interessant für alle
Gesichtspunkte, ebenfalls kühn und doch sicher auf dünner, mehrmals
eingezogener Unterpartie sich emporgipfelnd; die Einzelbildung aber
von störender Willkür. Hercules und Nessus, ebenda, als Gruppe gutd
gebaut und dramatisch lebendig, aber in den Formen gleichgültig.
-Die nicht minder berühmte Gruppe "virtü e vizio" im grossen Saale
des Pal. vecchio ist ein Gegenstück zu Michelangelws "Sieg", und
eine zugestandene Allegorie, während bei letzterm die Allegorie nicht
mehr näher bekannt und jedenfalls nur ein Vorwand gewesen ist.
Ein merkwürdiger Beleg dafür, wie wenig diese Gattung von Ge-