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Sculptur des XVI. Jahrhunderts.
Michelangelo.
aGenua. zweifelhaft; über eine Gruppe der ePietä in S. Rosalia. zu
Palestrina, ist mir nichts Näheres bekannt; die Statue Gregors d.
bGr. in einer der Capellen neben S. Gregorio in Rom, von Cordieri
vollendet, hat wohl am ehesten Anspruch auf Erfindung und Theil-
nehme des Meisters; als Jugendarbeit wird ihm der kleine nackte
ßChristus am Grabmal Bandini im linken Seitenschiff des Domes von
Siena. beharrlich zugeschrieben etc. etc.)
Der Beschauer wird merkwürdig gestimmt gegen einen Künstler,
dessen Grösse ihm durchgängig irnponirt und dessen Empfindungs-
Weise doch so gänzlich von der seinigen abweicht. Die frucht-
bringendste Seite, von welcher aus man Michelangelo betrachten kann,
bleibt doch wohl die historische. Er war ein grossartiges Schick-
sal für die Kunst; in seinen Werken und ihrem Erfolg liegen we-
sentliche Aufschlüsse über das Wesen des modernen Geistes offen
ausgesprochen. Die Signatur der drei letzten Jahrhunderte, die
Subjectivität, tritt hier in Gestalt eines absolut schrankenlosen
Schaffens auf. Und zwar nicht unfreiwillig und unbewusst wie sonst
in so vielen grossen Geistesregungen des XVI. Jahrh, sondern mit
gewaltiger Absicht. Es scheint als ob Michelangelo von der die Welt
postulirenden und schaffenden Kunst beinahe so systematisch gedacht
habe, wie einzelne Philosophien von dem weltschaifenden Ich.
Er hinterliess die Sculptur erschüttert und umgestaltet. Keiner
seiner Kunstgenessen hatte so fest gestanden, dass er nicht durch
Michelangelo desorientirt worden wäre in welcher Weise haben
wir schon angedeutet. Aber die äussere Stellung der Sculptur hatte
sich durch ihn ungemein gehoben; man wollte jetzt wenigstens von
ihr das Grosse und Bedeutende und traute ihr Alles zu.
Die Gehülfen des Meisters haben, seit sie das waren, kaum mehr
einen eigenthümlichen WVerth. Wir nennen zuerst Gio v. Angela
Mentors oli (1498-1563), der den Michelangelo schon von dessen
frühem Werken, zumal von der Sistina an begleitet und naehahmt,
dabei aber auch Einwirkungen von Andrea. Sansovino und von den