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Sculptur des XV. Jahrhunderts.
Certosa. von Pavia.
a An der Fassade, der Cathedrale von Lugano sind unten derben-e
Reliefhalbiiguren von Propheten , in den Friesen dagegen Medaillons
mit Halbügnren von Aposteln und Heiligen angebracht, letztere zum
Theil von demselben süssen und innigen Ausdruck, wie die entspre-
chenden Figuren an S. Maria. de' miracoli in Venedig, nur freier in
den Formen.
1, Über die Sculpturen endlich, welche die Fassade der berühmten
Certose von Pavia. bedecken und auch das Innere dieser unvergleich-
liehen Kirche verherrliehen, darf ich aus ziemlich alter Erinnerung
und aus wenig getreuen Abbildungen kein Urtheil wagen. Es wer-
den vom XV. bis zum XVII. Jahrh. gegen 30 Bildhauer und Deco-
ratoren bloss für die Fassade namhaft gemacht, worunter Antonio
Amadeo und Andrea. Fusina für das XV., Giaeomo della
Porta und Agostino Busti, genannt Bambaja, für das XVI.
Jahrh. die wichtigsten sind. (Am Prachtdenkrnal des Giangaleazzo
Visconti arbeiteten besonders Amadeo und delln Ports.) Die ganze
lombardische Sculptnr hatte hier ihren Heerd und ihre Schule; von
hier könnten selbst die Lombardi ausgegangen sein. Der Verfasser
empfindet es als die grössten Mängel dieses Buches, dass er diese
Certosa und die Sculpturen von Loretto nicht so besprechen kann,
wie das Verhältniss zu allem Übrigen es verlangen würde 1).
Neben all diesen zum Theil sehr realistisch gesinnten Bilclhauern
Oberitaliens tritt wenigstens Einer auf, der sie in dieser Richtung so
weit überholt, dass sie neben ihm noch als Idealisten erscheinen. Seit
dem Untergang des architektonisch bedingten germanischen Styles von
jeder Rücksicht entbunden, schafft die Kunst hier eine Anzahl von
Gruppen, welche als solche weder einem plastischen, noch auch einem
1) Ein Amhrogio da Milano nennt sich auf dem Grabmal des Bischofs
g Iioverella (M75) im Chor von S. Giorgio bei Ferrara (vor Porta romana).
Nach der Madonna mit Engeln in der Lunette möchte man einen Schüler der
Florentlner aus Rosellinws Zeit vermuthen; auch die sorgfältigen und glück-
lich beseelten fünFStatuetlen, sowie die trefflich wahre Grabstame weisen
auf einen solchen Einfluss hin.