Etruskische Kunst. 417
haupt eine früh überlieferte griechische Kunstiibung merkwürdig fest-
hielt, ebenfalls und zwar nicht selten zum Vorschein; allein diess
beweist nicht gegen seinen allgemeinen griechischen Ursprung. Wir
werden bei Anlass der Vasen auf eine ähnliche Erscheinung stossen.
Die etruskische Kunst selber übergehen wir, da sie mehr
nur lehrreiche Seitenbilder zur Geschichte des Schönen als einen un-
mittelbaren Genuss dessclben gewährt. Nur mittelst einer langen,
zweifelreichen Forschung könnten wir uns und dem Leser klar machen,
was und wie Vieles hier der alten religiösen Gebundenheit, dem eigen-
thiimlichcn Volksgenius, den uralten griechischen Cultureinilüssen, der
spiitern Einfuhr griechischer Kunstwerke und Einwanderung griechi-
scher Künstler, endlich der Mitleidenschaft unter den Schicksalen und
dem Zerfall der römischen Kunst angehört. Die meist kleinen und
sehr zahlreichen Gegenstände, um welche es sich handelt, sind z. B.
im Vatican zu einem besondcrn Museo etrusco vereinigt; Mehreres
Vom WVichtigsten findet sich in den Uffizien zu Florenz (versehlossnera
Gang gegen Ponte vecchio hin; und zweites Zimmer der Bronzen);
auch im Collegio Romano zu Rom, in den Sammlungen von Volterrab
und Cortona, sowie im Museum von Neapel (letztes Zimmer derc
kleinen Bronzen) steht viel Etruskisches beisammen.
Wer die Hauptfundorte, jene alten Nekropolen von Toscanella,
Cervetri, Vulci, Chiusi etc. bereist, wird Wohl noch Manches an Ort
11m1 Stelle in Privatbesitz antreifen und sich ausserdem einen Begriff
Von dem prachtvollen Begriibnisswesen jenes räthselhaften Volkes
machen können i). Was diese u. a. Sammelpunkte dem Forscher
des Schönen immer sehr werth macht, sind die vielen einzelnen Reste
und Elemente griechischer Kunst, welche er zwischen und an den
ßtruskischen Reliquien wahrnehmen wird. Mit dem Museo etrusco'
des Vaticans ist z. B. eine herrliche Sammlung von gemalten "Vasen
Verbunden, welche vielleicht kaum zur Hälfte etmskischen Fundorten
Wenn Jemand im Museo etrusco beim Anblick der Terracottenköpfe mit der
langen Oberlippe und dem eigenthümlich starren Kinn an die Nationalphy-
Siugnomie vieler Engländer erinnert wird, so wollen wir bekennen, dass es
uns und Andern auch so gegangen ist.
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