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ASculptur des Mittelalters.
Romaniseher Styl.
Toscana.
Wie in der Architektur, so dürfen wir auch in der Bildnerei die
neuen Regungen als einen romanischen Styl bezeichnen, sowie
man die auf dem Römischen ruhenden Sprachen des Abendlandes
nach ihrer (gerade auch zu jener Zeit vollendeten und literarisch be-
thätigten) Umbildung als romanische Sprachen benennt.
Die Anüinge dieses romanischen Styles der italienischen Sculptur
waren freilich iiusserst roh und ungeschickt, sodass gleichzeitige deut-
sche Arbeiten in der Regel einen beträchtlichen Vorzug behaupten
werden. Dafür haben sich die italienischen Künstler oft mit Namens-
unterschrift genannt und dadurch der Kunstgeschichte einen fortlau-
fenden urkundlichen Faden an die Inland gegeben, den sie in Deutsch-
land vermisst. Diese Namensnennung, bei der selbst materiellen Ge-
ringfügigkeit der meisten Werke doppelt auffallend, zeigt dass die
Steinsculptur mit der ganzen Wichtigkeit einer Neuerung auftrat.
Das Wichtigere ist in Kürze folgendes:
a Taufbrunnen in S. Frediano zu L ucca 1151i, mit unergriindlichen
Darstellungen von fleissiger aber noch sehr befangener Arbeit; von
Robertus. Ein Werk, welches besser als jede Beschreibung zeigt,
wie der romanische Styl einen gewissen ornamentalen, ja kalligraphi-
sehen Schwung in seine Gestalten, namentlich in die Gewänder bringt.
Die Oberschwellen der Portale an S. Andrea und S. Bartolom-
hmeo in Pistoj a, dort 1166 von Gruamons, hier 1167 von Rudolfinus;
elend und gering, nur als Präeedentiexl der pisanischen Schule be-
merkenswerth.
c Portalsculpmren an S. Salvatore zu Lucea, um 1180 von Bi-
duinus, welcher auch diejenigen an der Kirche von Casciano unweit
dPisa fertigte. Die eherne Pforte des Bonannus am Dom von Pisa
wurde schon erwähnt; sie fällt nebst den Sculptilren der Seitenpfosten
edes Ostportals am Baptisterium in dieselbe Zeit, welche schon viel
entwickelter sind.
f Schon einen Schritt Weiter, geht das Relief der Oberschwelle an
S. Giovanni zu Lucca.
Die oberitalischen Sculpturen sind durchgängig um einen
bedeutenden Grad besser und lebendiger, auch diejenigen, welche um
ein halbes Jahrhundert älter sind, als die genannten toscanischen. Die
Nähe des damals kunstreichern Nordens ist nicht zu verkennen.