Volltext: Sculptur (Bd. 2)

Tempelstyl. 
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hier innerhalb absichtlicher Schranken eine eigenthümliche Aufgabe 
in Umriss und Modellirung zu lösen. Zuletzt wurde daraus eine Sache 
ästhetischer Feinschmeckerei, ja vielleicht einer bewussten Reaction 
gegenüber dem überladenen unruhigen römischen Relief. Vielleicht 
sind die meisten erhaltenen Werke im Tempelstyl nicht älter als das 
Kaiserreich, und man hat namentlich die Zeit Hadrians dafür im Ver- 
dacht, schon weil sie sich ausserdem der Nachahmung des ägypti- 
schen Styles mit so vielem Eifer liingab.  
Die Kennzeichen des Tempelstyles prägen sich leicht ein. Das 
Gesetz des Gontrastes der Gliedmassen, welches erst der Stellung des 
Leibes Freiheit und Anmuth giebt, wird hier geflissentlich bei Seite 
gesetzt und statt dessen die möglichstc Symmetrie der beiden Schul- 
tern, Arme, Lenden etc. erstrebt. Die Bewegungen sind steif und 
entweder gewaltsam oder iiberzierlich, so dass die Götter auf den 
Fussspitzen gehen, Fackeln und Stäbe nur mit zwei Fingern anfassen 
u. dgl. Das Haar ist in unzählige symmetrische Löckchen geordnet; 
die Gewandung besteht in vielen höchst regelmässigen Faltchen, welche 
an jedem Saum oder Aufschlag als Zickzack von genau eben so vie- 
len Ecken auslaufen. Der Ausdruck der Köpfe, wo sie gross genug 
gebildet sind, besteht in einem kalten, maskenhaften Lächeln; die 
Stirn ist flach, die Nase spitz, die Ohren hoch oben, die Mundwinkel 
aufwärts gezogen, das Kinn auiYallend stark. (Man vergleiche die 
Abgüsse der echten altgriechischen Giebelgruppen des Tempels von 
Ägina in der lateranischexi Sammlung mit den spätern Nachahmungena 
dieses Styles: die schreitende Pallas i) in Villa Albani (Zimmer derb 
Reliefs, wo noch mehreres der Art); mehrere Köpfe in der Galeriac 
geografica des Vaticans;  der schreitende Apoll mit dem Reh 
auf der Hand im Museo Chiaramonti ebenda;  die schreitende her- d 
culanensische Pallas im Museum von Neapel (zweiter Gang) mit moder- 
nem Kopf;  eine Bronzestatuette ebenda (kleine Bronzen, drittes 
Zimmer);  die halb-ägyptische, halb-hieratisehe Isisstatuette ebenda 
(ägyptische Halle);  die schreitende Artemis mit rothbesäumtem 
Kleide ebenda (in einem verschlossenem Zimmer hinter der Halle des 
Tiberius). 
Wenn diese nicht doch uralt 
ist.
	        
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