Volltext: Sculptur (Bd. 2)

Römische Porträtköpte. 
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Welches nun immer die Ausstattung und Gewandung sei, es 
bleibt eine Thatsache, dass die bessern römischen Bildnisse ganz rück- 
sichtslos den Charakter und die Zuge der Betreffenden, aber mit einem 
hohen Lebensgefühl aussprechen. 
Allerdings ist der Genuss dieser Werke nicht für Jedermann leicht 
zugänglich. In den grossen italienischen Sammlungen stehen die Büsten 
meist entweder so dicht und bunt durcheinander oder so unscheinbar 
ztvischen Statuen zerstreut, dass nur selten ein Beschaucr ihnen die 
gebührende Aufmerksamkeit zu schenken wagt. Köpfe von Göttern 
und Göttinnen, von griechischen Philosophen und Dichtern, von rö- 
mischen Kaisern und Privatleuten, zusammen wohl viele Tausende an 
Zahl  welches Auge vermöehte diese ganze Heerschaar zu mustern 
und durch Vergleichung das Beste und das Gute von dem Geringern 
zu scheiden? welches Gediichtniss könnte sich diess Alles einprägen? 
 Vom Streit über die Namengebung, welcher diess Gebiet (wie be- 
merkt) unaufhörlieh bedroht, muss vollends der Nicht-Archäologe auch 
hier ganz absehen, wenn er Ilieht Zeit und Lust verlieren Will. 
Es bleibt ihm nichts übrig, als bei guter Stimmung und Musse 
diese Köpfe einzeln, wie sie ihm gefallen, nach ihrem geistigen Aus- 
druck und nach der Kunst des Bildhauers zu durchforschen. Isolirt 
gesehen, gewinnen wenigstens die bessern davon ansserordentlieh. Im 
Thronsaal des Palazzo Corsini zu Rom steht auf einem Pfeiler dera 
Kopf eines Röiners, den mitten im Vatican nur Wenige beachten 
würden, der aber hier mit seiner edeln Individualität, seinem Aus- 
druck des Kummers alle Blicke auf sich zieht. An solch einem Bei- 
spiel kann man inne werden, wie viel Treffliches anderswo dem Auge 
entgeht, z. B. in dem langen Museo Chiaramonti, in den Büstenzim-b 
mern und in der Galerie. geografiea des Vaticans, im Zimmer der Vase ß 
des Museo eapitolino, Wo die "Ineognitii" beisammen stehen, in dend 
meisten Räumen der biistenreichen Villa Albani, in den verschiedenene 
Abtheilungen des Museums von Neapel, in der Insehriftenhalle undf 
Hermaphroditenhalle der Ufiizien zu Florenz, im Hof des Pal. Riceardig 
ebenda, u. a. a. O.  
Es ist nun unsere Sache, den Leser auf eine Auswahl des Merk- 
Würdigsten unter den meist anonymen oder pseudonymen Römerköpfen 
aufmerksam zu machen. WVir nehmen dabei nicht sowohl den Kunst-
	        
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