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Antike Sculptur.
Kaiserköpfe.
Statue, vielleicht nirgends von besonderm Werthe. Seine Gemahlin
Julia Domna, die letzte Römerin, von welcher uns die Kunst ein
awahrhaft schönes und geistvolles Bild hinterlassen hat: Büste in der
bobern Galerie des Museo capitolino; auch eine gute Colossalbiiste in
der Sala. rotonda. des Vatieans. Caracalla, auffallend häufig und
gut, wahrscheinlich einem vorzüglichen Original zu Liebe wiederholt,
cviellcicht am feinsten durchgeführt in einem Kopf der Biistcnzimmer
des Vuticans. Ein furchtbares Haupt, ein „Feinrl Gottes und der Men-
sehen", bei dessen Vcrworfenheit und falscher Genialität der Gedanke
erwachen muss: es ist Satan.
Bei diesem Kopfe steht die römische Kunst wie vor Entsetzen
still; sie hat von da. an kaum mehr ein Bildniss von höhenn Lebens-
gefühl geschaffen. Die Auffassung wird zusehends ärmlich und ein-
förmig, die Formen ledern und ilau oder peinlich. Die 'I'heilnahme
schwindet ausserdem durch die Unsicherheit der Bennungen, iiir Welche
man auf die schwankenden Gesichtszüge ungeschickter Münzen ange-
dwiesen ist. Von der capitolinischcn Büste Diocletians und von
oder neapolitanischen des Probus (Museum, 3. Gang) möchte man
wenigstens wünschen, dass sie echt wären. Die Köpfe des IV. Jahr-
hunderts sind zum Theil schon ganz puppcnhaft, die drei capitolini-
fschen des J ulianus Apo stata. nur durch ein mittelalterliches Zeug-
niss bewährt.
Neben diesem V orrath von Ilerrseherbildnissexi existirt noch ein
viel griisserer von "Ineogniti", Männern und Frauen, welchen man
durch Beilegung interessanter Namen, zumal aus der letzten Zeit
der Republik einen willkürlichen Werth beizulegen pflegt. Ohne hier-
auf Weiter einzugehen, machen wir nur aufmerksam auf das Denkmal,
welches die Römer der Kaiserzeit hiemit ihren eigenen Personen und
ihrem Nationaltypus gesetzt haben. Die Büste, und vollends die Sta-
tue , hat für einen auf das Dauernde gerichteten Sinn den stärksten
Vorzug vor dem gemalten (oder daguerreotypirten!) Bilde, in welchem
die jetzige vielbeschäftigte Menschheit vor der Nachwelt aufzutreten
gedenkt. Freilich gehört Sehädelbau und schwammloses Fleisch und
ein lebendiger Ausdruck dazu, der nur durch beständigen Verkehr mit