Volltext: Sculptur (Bd. 2)

412 
Antike Sculptur. 
Restaurationen. 
lange nicht immer das Richtige getroffen; er giebt z. B. einer ehe- 
maligen Flora Kornähren und einer ehemaligen Ceres Blumen in die 
Hand; er restaurirt einen Mars als Mercur und umgekehrt. Der Laie 
darf daher die bessern literarischen Hülfsmittel, welche dergleichen 
Täuschungen aufdecken, nicht verschmähen, wenn er zu einiger Kennt- 
niss dieses Gebietes gelangen will. Bisweilen musste nach einem ver- 
hältnissmässig geringen aber an Kunstwerth ausgezeichneten Rest das 
Ganze einer Statue neu gedacht und danach das viele Fehlende er- 
gänzt werden. Dieser Art sind z. B. 'I'h0rwaldsens uniibertreffliche 
Restaurationen an mehreren von den äginetischen Figuren so wie am 
barberinischen Faun in der Münchner Glyptot-hek; auch der rechte 
Arm des Laocoon (von wem er auch sein möge) gehörte zu den 
grössten Aufgaben in diesem Fache. 
Wie aber, wenn man an vielen Statuen zwar antike, aber nicht 
ursprünglich dazu gehörige, sondern anderswo gefundene Köpfe au- 
triife? Diese Ergänzungsweise ist z. B. gerade in den römischen Mu- 
seen sehr häufig und lässt sich insgemein schwer, ja in einzelnen 
Fällen ohne besondere Nachrichten ganz unmöglich entdecken. Vor 
dem opfernden Römer z. B., der die Toga über das Haupt gezogen 
ahat (Vatican, Sala della Biga), wird -Niemand von selbst auf einen 
solchen Gedanken gerathen. 
So weit die modernen Galerieveiwvaltungen und Restauratoren; 
man kann ihre Thiitigkeit und ihr Glück nur bewundern, wenn sie 
so das Rechte treffen, wie in dem letztgenannten Fall. Allein schon 
im Alterthuln kamen Dinge analoger Art vor. Nicht nur wurden bei 
politischen Umschwüngen und Regierungswechseln die Köpfe von 
Bildnissstatuen abgeschlagen und neue aufgesetzt, sondern die Bild- 
heuer müssen wenigstens in der römischen Zeit viele kopilose Statuen 
im Vorrath gearbeitet haben, welchen erst nach geschehener Bestellung 
ein Portriitkopf aufgesetzt wurde. Diese stimmte trefflich zu der seit 
Alexander aufgekommenen Sitte vieler Grossen, sich in Gestalt einer 
Gottheit abbilden zu lassen, und vollends zu der spätrömischen Ge- 
wohnheit, die Statuen aus mehrern Steinarten zusammenzusetzen. Es 
war am Ende ganz gleichgültig, welcher Marmorkopf in die alabasterne 
oder porphyrne Draperie hineingesenkt wurde.
	        
Waiting...

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.