Anfänge des neuen Classicismus.
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Bisweilen zeigt sich dieses Neue in wunderlicher Zwittergestalt.
Die Kirche und der Vorplatz des Priorato di Malta in Rom gebena
vollständig denjenigen Haarbeutelstyl wieder, welchen man um 1770
in Frankreich „a 1a grecque" nannte; ein Werk desselben Piranesi,
der um die genaue Kenntniss des echten römischen Details sich so
grosse Verdienste erwarb. Der grösste italienische Baumeister dieser
Zeit ist wohl Michelangelo Simnnetti, welcher unter Pius VI
im Vatican u. a. die Sala delle muse, Sala rotonda und Sala. a croce b
grcen nebst der herrlichen Doppeltreppe errichtete; edle und für Auf-
stellung von Antiken auf immer classische Räume, welche die Stim-
mung des Beschauers leise und doch mächtig steigern. (Eine nicht
unwürdige Nachfolge aus unserm Jahrhundert: der Braccio nuovo,
von Raffaelle Sterni). Die Familie Pius VI baute durch Mo-
relli den Pal. Braschi, welcher die Compositionswcise der vorigenc
Periode merkwürdig in classisches Detail übersetzt zeigt, vorzüglich
aber durch seine prächtige Treppe berühmt ist.
Ausserhalb Rom ist nicht eben vieles von diesem Styl vorhanden,
oder das Bessere ist dem Verfasser entgangen. In Bologna: wird man
mit Vergnügen den Pal. Ereolani besuchen, Welcher zwar seine Ga-rl
lerie eingebüsst, aber Ventur o1i's herrliches grosses Treppenhaus
mit Pfeilerhallen oben ringsum beibehalten hat. In Genua ist ausser
dem schon genannten Treppenhaus Tagliaficws im Pal. Filippoc
Durazzo (S. 345, f) die jetzige Fronte des Dogenpalastes, ein schönesf
Werk des Tessiners Simone Cantoni, zu erwähnen; der Saal des
ersten Stockwerkes entspricht freilich seinem Ruhm nicht ganz.
Seit 1796 wurde Italien in Weltschieksale hineingezogen, welche
seinen Wohlstand vorläufig zcrnichteten und einen starken Riss in seine
Geschichte machten. Wir versagen uns die Schilderung seiner Kunst
im laufenden Jahrhundert.
Im XVII. Jahrhundert bildete sich der italienische Gartenstyl
zu seiner höchsten Blüthe aus, dem wir hier als wesentlicher Ergän-
zung zur modernen Architektur eine besondere Betrachtung schuldig