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Der Barockstyl.
Im Allgemeinen haben diejenigen ohne Pilasterbekleidung das
Übergewicht; bei der bedeutenden Grösse und Iilöhe der Gebäude
war es aus ökonomischen und baulichen Gründen gerathen, darauf zu
verzichten; auch waren die Pilasterordnungen nicht leicht in Einklang
zu bringen mit den Fenstern der kleinen Zwischenstockiverke (Mez-
Izanineu), welche zur Zeit der Renaissance entweder halb verhehlt, d. h.
in die Friese verwiesen, oder doch ganz anspruchlos angebracht wur-
den, jetzt dagegen sich einer gewissen Grösse und Ausschmiickung
erfreuen sollten, sodassldas Mczzanin ein eigenes Stockwerk wird.
Paläste mit Einer Ordnung, wie die Nachfolger Palladitfs sie ent-
ivarfen, passten z. B. für die pompliebenden römischen Fiirstenfamilien
nicht mehr. Die unschöne und leblose Einralnnung der Mauertheile
in Felder, welche seit dem XVII. Jahrhundert häufig vorkömmt, soll
eine Art von Ersatz bieten, da einmal das Auge die verticale Glie-
derung nicht gerne völlig entbehrt. Das Detail unterliegt theils einer
reich barocken, thcils einer wüsten und rohen, missverständlich von
der Rustica abstrahirtcn Bildung; auch WO es verhiiltnissmässig rein
bleibt, sieht man ihm die Theilnahmlosigkeit an, womit es, bloss um
seine Stelle zu markiren, gebildet wurde. An den Kranzgcsimsen
tritt, während man vor demjenigen des Pal. Farnesc in Rom (S. 331, d)
noch immer die grösste Verehrung zu empfinden vergab, cinc er-
staunliche Willkür zu 'l'age, indem Jeder neu sein irollte. Eine
wirkliche Neuerung waren, beiläuiig gesagt, die grossen Portale;
die Zeit des Reitens begann der Zeit des Fahrens Platz zu machen.
Der einzig-c mögliche Werth der Gebäude liegt natürlich nur in
den Proportionen.
a Die beste römische Fassade dieser Zeit ist die des Pal. Sciarra,
von Flaminio P0 nzio , vermöge der einfachen aber nachdriicklichcn
Detailbildung und der reinen Verhältnisse der Fenster zur hiauermasse,
sowie der Stockwerke unter sich. Durch grossartige Behandlung des
Mittclbaixes in drei Ordnungen mit offenen Bogenhallen zeichnet sich
b Pal. Barberini aus (von M adcrna und Bernin i). Die Iilassadc des
(1 Quirinals gegen den Platz (von Ponzio) zeigt wenigstens eine gross-
artige, noble Vertheilung der Fenster.
Der berühmte Domenico Fontana ist gerade in dieser Be-
ziehung niemals recht glücklich; seine Fenster stehen entweder zu