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Der Barockstyl.
schon an den Fassaden, nur gemässigter, vorkommen- N och schlim-
mer geberdet sich der isolirte Altar, welcher, von der Rücksicht auf
die Wand entbunden, eine wahre Quintessenz aller übelverstandenen
Freiheit enthält. Ohne Oberbau wird er ein ganz formloses Gerüst
ain Gestalt eines grossen Kreissegmentes (Hochaltar von S. Chiara in
Neapel); mit einem Oberbau oder Tabernakel, als sog. Altare alle.
remana, bietet er vollends die abschreckendsten Formen dar. Ber-
nini's Frechheit stellte mit dem ehernen Taberilakel von S. Peter
die Theorie auf: der Altar sei eine Architektur, deren sämmtliche
Einzelformen in Bewegung gerathen. Seine gewundenen und geblüm-
ten Situlenl), sein gesehwungener Baldachin mit den vier Giebel-
Schnecken haben grösseres Unheil gestiftet, als die Fassaden Borro-
minfs, welche um Jahrzehnde später, ja. vielleicht nur Weiterbildungen
des hier zuerst ausgesprochenen Princips sind. Ausserhalb Roms
wird der Altare alle romana. meist als Praehtgehäuse für eine Statue
oder Gruppe behandelt. Und hier begegnen wir noch einmal dem
Pozzo, welcher in der ganzen Altarbaukilnst sein Äusserstes gelei-
stet hat. Vier Säulen erschienen ihm viel zu mager; man muss in
hder Jesuitenkirche zu Venedig sehen, wie er zehn Säulen mit ge-
schwungenen Gebiilkstücken zu einer Art von Tempel verband; noch
eschrecklicher aber ist sein Hochaltar a, Scalzi ebenda. Unter seinen
aWandaltären ist der des heil. Ignatius im linken Querschiff des Gesu
in Rom berühmt durch ungemeine Pracht des Stoffes und Vollstän-
digkeit des Schmuekes (Nebengrnppen, eherne Oommunionbank etc.).
Andere in S. Ignazio u. s. w.
Die Klöster der miichtigeru Orden nehmen in dieser Zeit den
Charakter einfacher Pracht, vor Allem der Grossräumigkeit an. Ausser
den Jesuiten verstanden sich hierauf besonders die Philippiner (Padri
delP oratorio); an grossartigen Benedictmerabteieil dieser Zeit möchte
dagegen Deutschland beträchtlich reicher sein als Italien.
1) Die gewundenen Säulen des frühmittelaltorlichen Altarraxunes,
J; jetzt in der Capella de! Sagraxxlento, entschuldigen ihn nicht.
Fresco: die Schenkung Constantims.
wovon einige
Siehe Iiafaels