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Der Barockstyl.
aVorhalle von S. Gregorio u. m. a. In Neapel konnte schon vor
h 1600 eine Missform entstehen, wie die Idassade des Gesii nuovo, mit
ihrer faeettüten Rustica, und um 1620 eine so gedankenlose Marmor-
waud, wie die der Gerolomiui; beide Wären in Rom unmöglich ge-
wesen. (Schon der Travertin nöthigte die Römer zu gleichmässiger
Behandlung, während Neapel zwischen Marmor und Mörtel schwankt.)
c Mit Algardfs Fassade von Slgnazio und Rinaldfs Säulen-
reieher Fronte von S. Andrea della. Valle zu Rom beginnt die derbere
Ausdrucksweise der Fassade von S. Peter ihre Früchte zu tragen:
das Vor- und Rückvvürtstreteu der einzelnen Idlächen, die stärkere
Abwechslung der Gliederungen nebst der entsprechenden Brechung der
Gesimse. (Diejenige von S. Ignazio ist immer eine der besten dieser
d Olasse.) An Rinaldfs sehr interessanter Fassade von S. M. in Cam-
pitelli hat das untere Stockwerk Säulen und Halbsiiulen von viererlei
verschiedenem Rang auf eben so vielen Axen. Hier offenbart sich
besonders deutlich das Vorwärts- und Riickwärtstretcn der Mauer-
körper als ein malerisches Princip; Abwechslung in den Linien
und stagke Schattenwirkung werden leitende Rücksichten, im geraden
Gegensatz zu aller strengem Architektur.
e Reine Prahlerei ist dagegen eine Fassade wie die von S. Vin-
cenzo ed Anastasio bei Fontana Trevi, mit ihren gegen das Portal
hin en echelon aufgestellten Säulen. (Von M ar t. Lunghi d. j.)
Um die Mitte des XVH. Jahrhunderts, mit dem Siege des ber-
ninischen Styles , tritt dann jene eigentliche Vervielfachung der
Glieder, die Begleitung der Pilaster nndHalbsiiulen mit zwei bis drei
zurücktretenden Nebenpilastern vollständiger ein.
Der Zweck derselben war nicht bloss Häufung der Formen; viel-
mehr treifen wir hier auf einen der durehgreifeudsten Gedanken des
Barockstyls: die scheinbare perspectivische Vertiefung. Das Auge ge-
niesst die wenn auch nur iliichtige Täuschung, nicht bloss auf eine
Fläche, sondern in einen Gang mit Pfeilern auf beiden Seiten hinein
zu sehen.
Theilweise denselben Zweck, nur mit andern Mitteln erstrebt, darf
man auch in der verrufenen Biegung der Fassaden erkennen. Auch
hier wird eine Scheinbereieherung beabsichtigt, wenn die Wand summt
all ihrer Decoration rund auswärts, rund einwärts oder gar in XVellen-