Die Kirchenrassaden.
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mit zwei Ordnungen, und zwar früher eher von Pilastern, später eher
von Halbsäulen und vertretenden ganzen Säulen. Das breitere untere
Stockwerk und das schmalere obere werden auf die bekannte Weise
vermittelt, durch Voluten oder durch einfach einwärts geschwungene
Streben; doch ist der Abstand zwischen beiden nicht mehr so bedeu-
tend, wie zur Zeit der Renaissance, indem jetzt die Anlage der Kir-
chen überhaupt eine andere und die Nebenschiße zu blossen Capellen-
reihen von geringer Tiefe geworden sind (wovon unten). Hie und
da wird die Strebe ganz graziös gebildet, mit Fruehtschnüren ge-
schmückt etc. (S. M. in Campitelli zu Rom, von Rinaldi); anderen
Architekten geben der obern Ordnung dieselbe Breite wie der untern,
lassen jedoch den Giebel bloss dem Hauptschiif entsprechen.
Innerhalb dieser gegebenen Formen bemühen sich nun die Bessern,
in jedem einzelnen Fall die Verhältnisse und das Detail neu zu com-
biniren. Die Harmonie, welche sie nicht selten erreichen, ist eine
rein conventionelle, wie die Elemente, aus welchen sie besteht, wirkt
aber eben doch als Harmonie. Das mässige Vor- und Zuriicktreten
einzelner Wandtheile, die engere oder dichtere Stellung der Pilaster
oder Säulen, die Form, Grösse und Zahl der Nischen oder Fenster
wird im Zusammenhang behandelt und bildet ein wirkliches Ganzes.
Dass die gedankenloscn Nachtreter und Ausbeuter in der Majorität
sind, kann auf Erden nicht befremden, nur darf man nach ihnen nicht
die ganze Kunst beurtheilen. Ich möchte die Behauptung wagen, dass
die Bessern dieser Fassaden in der Gesammtbehandlung consequenter
sind, als diejenigen der Renaissance.
Die römischen vom Ende des XVI. und Anfang des XVII. Jahr-
hunderts erscheinen in der Gliederung noch einfach und mässig; blosse
Pilaster, meist noch ohne Nebenpilaster; Halbsäulen nur am Erdge-
schoss, ja selbst nur an den Portalen. Von Gia c. della. Porta:
I1 Gesü, S. Oaterind de' Funari; S. Luigi de' Francesi, letztere he-b
sonders nüchtern. Von Mart. Lunghi d. ü": S. Girolamo de'c
Schiavoni; S. Atanasio. Von Vincenzo della Greca: SS. Do-d
menico e Sisto, seiner Zeit viel bewundert. Von Carlo Maderna:
S. Susanne und S. Giacomo degli Incurabili, beide weit besser als diec
Fassade von S. Peter (Seite 337) für welche seine Kräfte nicht hin-
reichten. Von Gio. Bett. Soria: S. Carlo er Oatinari, die tüchtiger