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Architektur von 1540 bis 1580.
Intervallfläehen harmonisch zu verzieren ist unmöglich, weil dieselben
durch die Schwellung der Säuleifleine nicht-Wiukelrechte Form haben
und im Grunde doch nur ein Ersatz sind für den freien Durchblick
einer offenen Säulenhalle 1). Palladio musste ihnen Nischen mit Sta-
tuen geben. Endlich ist das Anlehnen der Halbgiebel mit ihrem
schiefen und ihrem wagerechten Sims (der dann über dem Portal
wieder zum Vorschein kömmt) nie ganz schön zu bewerkstelligen.
Als grosscr Künstler brachte freilich Palladio eine Art von Har-
monie hinein. Die strenge Einfachheit seines Details, die beständige
Berechnung der Theile auf das Ganze bringt bei ihm immer einen
zwingenden Eindruck hervor.
In Betreff des Innern belebt er die Anordnung der frühern Re-
naissance durch einen imposanten Organismus von kräftigen Gliedern,
namentlich Ilalbsiiulen, und durch Verhältnisse, welche die einzig
Wahren scheinen, so lange man sie vor Augen hat. Auch hier herrscht
Eine Ordnung. Durch ausdrückliche Verfügung des Meisters oder
durch einen glücklichen Zufall blieben diese Kirchen ohne Vergoldung
und Bemalung. (Irgend eine decorative Gliederung der Gewölbe möchte
Palladio doch wohl beabsichtigt haben.)
a Die Kirche S. Giorgio maggiore in Venedig, herrlich isolirt
der Piazzetta gegenüber gelegen, ist das friihste dieser Gebäude (he-
gonnen 1560). Schon von aussen bilden Kirche, Querschiü, Thurm
und Kloster eine malerische Gruppe. Der Eindruck des Innern ist
besonders schön und feierlich, Die Hauptordnung hat, wie gesagt,
Halbsäulen; die von ihr eingefassten Bogen ruhen auf Pilastern; unter
der ganz einfachen Kilppel treten dann auch in der Hauptordnung
Pilaster hervor; in den Seitenschiifen eine kleinere Ordnung von Halb-
säulen. Die Querarme schliessen im Halbrund. Der Durchblick in
den hintern Mönchschor durch eine schöne Siiulenstellung mit geradem
Gebälk ist durch die darüber gesetzte Orgel verdorben. Das Kloster
mit seinem vielbewunderten Refectorium ist gegenwärtig als Caserne
schwer zugänglich.
b Die Fassade von S. Franeesco della Vigna (1568) wviederholt das
1) Wesshalb die Alten sie klüglich unverziert Hessen.
der Fortuna virilis in Rom.
Siehe z.
den Tempel