Michelangelo.
Florenz.
S. Lorenzo.
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An das Ende dieser Reihe gehört der grossc Michelangelo
Buonarroti (1474e-1563); seine bauliche Wirksamkeit begann erst
verhiiltnissmüssig spät, als seine bedeutendem Zeitgenossen schon ihre
Systeme ausgebildet hatten, und sie bezieht sich als Vorbild mehr
auf das jüngere Geschlecht, welches dann über ihm selbst die Alten
vergass.
Michelangelo hat sich nicht zur Architektur gedrängt. Seine dä-
monisch gewaltige Formenbehandlung in der Sculptur und Malerei
brachte die Bauherren darauf, von ihm auch Rath, Entwurf und Lei-
tung für die Gebäude zu verlangen. Der erste Auftrag (1514 durch
Leo X) war eine Fassade für S. Lore nzo in Florenz; sein Plana
wurde allen andern, auch demjenigen Rafaels, vorgezogen. Man be-
wahrt eine Skizze desselben noch im Palazzo Buonarroti, den er selbst
viele Jahre bewohnte und den sein Neffe, der als Dichter bekannte
Michelangelo Buonarroti der jüngere zu einem Museum für das An-
denken des Oheims eingerichtet hat. (Via GhibcllinaiN. 7588, sichtbar
Donnerstags.) Der untere Theil der Fassade wäre mit grandios zwi-
schen Säulcnstellungen angeordneten Reliefs bedeckt worden; in Be-
treff des obern, dem Mittelschiff entsprechenden, lässt die Zeichnimg
Zweifel zu; die Vermittlung zwischen beiden. die von andern Bau-
meistern in grossen Voluten gesucht wurde, sollte hier bloss durch
colossale Statuen geschehen. Betrlichtlich später, jedenfalls erst
unter Clemens VII, kam wenigstens die Bekleidung der Innenseite derb
Fassade zu Stande, Wobei der Gang zu Vorzeigung von Reliquien das
Hauptmotiv lieferte; Michelangelo hatte die Einsicht, der Gliederung
der Kirche Brunellescois sich anzuschliessen , sodass er nicht für die
(übrigens glücklichen) Verhältnisse dieses Siiulen- und Pilasterbaues
verantwortlich ist.
Ganz frei gestaltend treffen wir ihn erst in der berühmten Grab-c
capelle der M ediceer (sog. Sagrestia nuova) am rechten Quer-
schilf derselben Kirche. Keinem Künstler ist jc freiere Hand gelassen
worden; man kann kaum entscheiden, ob er die Capelle für seine
Denkmäler baute oder die Denkmäler für die Oapelle meisselte (um
1529). Als Ganzes ist sie ein leichtes, herrliches Gebäude, welches
das Princip brunelleschischer Sacristeien auf das Geistvollste erweitert
inid erhöht darstellt. Es ist nicht bloss die reinere und vollständigere