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Hochrenaissance.
Bramante.
Vatlcan.
bestiindigkeit, anderweitige Beschäftigung und baldigen Tod der Päpste
hatte es jedoch bei einzelnen Stückbautcn sein Bewenden gehabt, haupt-
sächlich in der Nähe von S. Peter (Appartamento Borgia, Cap. Si-
stina, Cap. Nicolaus V etc); Innocenz VIII legte in beträchtlicher
aEntfernung davon das Lusthaus Belvedere an (nach der Zeichnung
des Antonio Pollajilolo). Die Verbindung des letztern mit den übrigen
Theilen und eine gänzliche Umbauung der lctztern mit neuen Gebäu-
den War nun Bramantds Aufgabe. Allein nur in dem vordem dreiseiti-
llgen Itlallenhof, dem Cortilc di San Damaso, ist seine Anlage einiger-
masscn vollständig ausgeführt (zum Theil durch Rafael, zum Theil
lange nach seinem Tode) und erhalten. Die Aufeinanderfolge der
Motive von den starken untern Pfeilern, zu den leichtern der bei-
den mittlcrn Stockwerke und zu den Säulen des obersten ist sehr
schön behandelt, überdiess finden sich hier Rafaels Loggien und eine
Aussicht über Rom, die nicht zu den vollständigen aber zu den schön-
sten gehört. Doch dieser Hof sollte bei Weitem nicht das Haupt-
motiv des Gesammtbaues bilden.
Dieses war vielmehr denjenigen Bauten vorbehalten, welche den
cgrossen hintern Hof und den Giardino della Pigxia umgeben. Man
denke sich die Querbauten der vaticanischen Bibliothek und des Brac-
cio nuovo hinweg und an deren Stelle ungeheure doppelte Rampen-
treppen die aus dem tiefer gelegenen unterm Hof in den genannten
Giardino hinaufführen; man setze an die Stelle der Seitengalerien,
welche nur in bastardmässiger Umgestaltung und Vennauerung vor-
handen sind, diejenige grandiose Form lmunterbrochener Bogenhallen
und Mauerilächen, welche Bramante ilmen zudachte, so entsteht ein
Ganzes, das seines Gleichen auf Erden nicht hat. Man kann den
Backsteinbau mit mässigem Sims- und Pilasterwerk, den Bramante
theils anwandte theils anwenden wollte, leicht an Pracht und Einzel-
wirkung überbieten; für das grosse Ganze war er fast vollendet schön
gedacht. Er ist ferner abgeschlossen durch eine Haupttor-m, vor deren
imposanter Gegenwart jeder Mittelbau neuerer Paläste gering und un-
frei erscheinen würde, so gross und reich er auch wäre i). Wir mei-
1) Eine Centralforxu von analoger Empündung ist es, was z. B. dem Tuilerien-
hof fehlt und inuner fehlen wird. Kein Schmuck kann Gomposition und Li-
nien im Grossen ersetzen.