Volltext: Architectur (Bd. 1)

Die Verhältnisse. 
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WVas sind nun diese Verhältnisse? Sie sollen und können ur- 
sprünglich nur der Ausdruck für die Functionen und Bestimmungen 
des Gebäudes sein. Allein das erste Erwachen des höhern monumen- 
talen Baues giebt ihnen eine weitere Bedeutung und verlangt von 
ihnen nicht bloss das Vernünftige, sondern das Schöne und TVohl- 
thuende. In Zeiten eines organischen Styles, wie der griechische und 
der nordisch-gothische waren, erledigt sich nun die Sache von selbst; 
eine und dieselbe Triebkraft bringt Formen und Proportionen untrenn- 
bar vereinigt hervor. Hier dagegen handelt es sich um einen seeun- 
dären Styl, der seine Gedanken freiwillig in fremder Sprache aus- 
drückt. Wie nun die Formen frei gewählt sind, so sind es auch die 
Verhältnisse; es genügt, wenn beide der Bestimmung des Baues eini- 
germassen (imd sei es auch nur flüchtig) entsprechen. Dieses grosse 
Mass von Freiheit konnte ganz besonders gefahrlich wirken in einer 
Zeit, die mit der grössten Begier das Ausserordentliche, Ungemeine 
von den Architekten verlangte. 
Es gereicht den Bessern unter ihnen zum ewigen Ruhm, dass sie 
diese Stellung nicht missbrauchten, vielmehr in ihrer Kunst die höch- 
sten Gesetze zu Tage zu fördern suchten. Dadurch, dass sie es ernst 
nahmen, erreichte denn auch ihre Composition nach Massen eine dauernde, 
classische Bedeutung, die gerade bei dcr grossen Freiheit doppelt 
schwer zu erreichen war. Etwas an sich nur Conventionelles drückt 
hier einen Rhythmus, einen unläugbaren künstlerischen Gehalt aus. 
Die Theorie, welche Stockwerke und Ordnungen messend und beur- 
theilend den Gebäuden nachging, umfasste gerade dieses freie Ele- 
ment aus guten Gründen nicht; man wird bei Serlio, Vignola und 
Palladio keinen Aufschluss in zusammenhängenden Worten, nur bei- 
läufige Andeutungen linden; dagegen eine Menge Recepte für Einzel- 
verhältnisse, zumal der Säulen. 
 Die constructive Ehrlichkeit und Gründlichkeit, Welche noch keinen 
pikanten Widerspruch zwischen den Formen und den baulichen Func- 
tionen erstrebte, war ebenfalls der Reinheit und Grösse des Eindruckes 
thatsächlich behandelte 
jcnige Ausdehnung zum 
zweckdienlich schienen. 
man dißSß Ordnungen ganz frei und gab ihnen die- 
Ganzen, diejenigen Intervalle zu einander, welche
	        
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