Certosa. von Pavia.
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sein. Von den Klosterhöfcxi bei S. Simpliciauo soll wenigstens eine
Theil Bramanteis Werk sein; das bekannte Lazareth vor Porta. orien-b
tale wird ihm nur durch Vermuthung zugeschrieben; das für seinen
Zweck hübsch gedachte Capellchen in der Mitte des Hofes ist wohl
bestimmt neuer.
Den Schritt in das Einfache würde die herrliche Kirche S. Ma-e
ria presse S. Celso in Mailand bezeichnen, wenn sie dem Bra-
mante sicher beizulegen Vväre. Den edeln Eindruck des Backsteinvor-
hofes mit seinen Pfeilern kann selbst die bombastische Marmorfassade
des Galeazzo Alcssi nicht total stören; das Innere ist eine (lreischif-
fige Pfeilerkirche mit Chorurngang und cassettirtem Tlonnexigewvölbe;
der Charakter ist der einer einfachen Pracht.
Von einem mailändischexi Schüler Bramanteüs, Giov. DolceÄ
buono, rührt das einfache Innere von S. Maurizio oder Monastero d
ma g giorc her, welches man hauptsächlich wegen der Fresken Lui-
nfs aufsncht. S. Nazaro hat noch seinen wunderlichen achteckigene
Vorbau vom Jahr 1518 mit den Sareophagen der Familie Trivulzi in
den oben herumgehenden Nischen; eine Construction zu WGlChCI of-
fenbar die Sacristei von S. Satire Anlass gab.
Schon vor Branientds Ankunft in Mailand hatte Ambrogio
Borgognone die Fassade der Certosa von Pavia begonnenf
(1473). Neben derjenigen des Domes von Orvieto ist sie das erste
decorative Prachtstück Italiens und der NVelt. Der bauliche Gedanke
ein fiinftheiliges Erdgeschoss und ein dreitheiliges Obergeschoss,
beide mit Galerien abgeschlossen ist ziemlich gering, die Anordnung
des obern Mittelfensters passt nicht harmonisch zum Uebrigen; der
ohne Zweifel beabsichtigte plastische und ornamentale Schmuck über
der obersten Balustrade fehlt. Allein die unermessliche Pracht und
zum 'l'hcil auch der feine (lecorative Geschmack, welche das Erd-
geschoss beherrschen, haben ein in seiner Art unvergleichliches Ganzes
hervorgebracht. Schon die Basis des Sockels beginnt mit Puttenreliefs
und Kaiserköpfen; am Sockel selbst wechseln Reliefs und Statuen in
Nischen; die Pilaster sind beinahe in Nischen aufgelöst, in welchen
sich Statuen beünden; was sonst von Flächen übrig bleibt, ist mit
Figuren und Zierrathen in Relief völlig bedeckt, Alles in Weissem
Marmor. Das auf Säulen vertretende Portal ist edel gedacht; vollends