Contraternltäten.
Dom von Lucca.
145
bar war. Hier entstand nun zwar keine Palastfassade wie an meh-
reren der sog. Scuole zu Venedig, Welche eben solche Bruderschafte-
gebäude sind, sondern nur ein verziertes kleines Haus, dessen Reiz
ausschliesslich in der prächtigen Behandlung anspruchloser Formen
liegt. Der unbekannte Urheber möchte ein Nachfolger Orcagnafs ge-
wesen sein. Die Dachconsolen sind in ihrer Art classisch und mögen
hier statt derjenigen vieler andern Gebäude genannt werden.
Strenger und reicher ist die Fassade der Frat ernita d ella Mi- a
s e ri c o r d i a. zu A r e z z 0 (hinter der Pieve vecehia) ausgebildet; ein
wahrer und in seiner Art reizender Übergangsbau, indem das obere
Stockwerk den gothisch begonnenen Gedanken in den Formen der
Renaissance vollendet.
Endlich bieten die neuem Theile des Domes von Lucca (dasb
Langhaus und das Innere des Querschiffes) ein ganz sonderbares und
in seiner Art schönes Schauspiel. Es ist die Pfeilerbildung des Domes
von Florenz, angewandt auf Verhältnisse, welche denen des Domes
von Siena. ähnlich sind. Nicht ein möglichst grosses Quadrat des Haupt-
schiifes, sondern das (doch nicht ganz vollkommene) Quadrat der Ne-
benschiffe bildet wieder die Basis; doch wird die Vielheit der Pfeilen
durch ihre Schlankheit ausgeglichen; die Bogen fast alle rund; oben
Reihen grosser Fenster mit reichem Stahwerk, welche in eine dunkle
Galerie über den Nebenschiifen hineinblicken lassen; drüber kleine
Rundfenster. Die Galeriefenster gehen sogar als blosse Stütze und
Decoration quer durch das Querschiif und theilen auch seine beiden
Arme der Länge nach. (Am Gewölbe des Hauptschiffes sind die-
gleichzeitig gemalten Medaillons mit Halbfiguren auf blauem Grund,
an den Gewölben der Seitenschiife eine Renaissancebemalung erhalten.)
Aussen mischt sich wieder Siena, Florenz und das Streben nach Har-
monie mit den altern Theilen ganz eigenthümlich zu einem schönen
Ganzen. (Alles etwa vom Ende des XIV. Jahrhunderts.)