Volltext: Architectur (Bd. 1)

Dom von Siena. 
S. Giovanni. 
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das schönste gothische Gebäude Italiens und ein Wunder der Welt 
geworden. Nirgends ist die Raumschönheit vollkommener als in den 
wenigen vollendeten Hallen dieser Ruine; die Schlankheit der Pfeiler, 
die weite und leichte Spanmmg ihrer Rundbögen (freilich um den Preis 
eiserner Verbindungsstangen erkauft) und der Adel der Deeoration 
stellen den alten Dom beinahe in den Schatten. In Folge des schwar- 
zen Todes (1348) blieb das Unternehmen liegen, doch muss man aus 
den Ornamenten des vordern Rundfensters schliessen, dass noch im 
XV. Jahrhundert wieder einmal an einer Fortsetzung gearbeitet wurde. 
Meister, wie Cecco cli Giorgio und Bernardo Rosellino, haben offenbar 
diesem "Werke viel zu danken. 
Gleichzeitig mit diesem Bau entstand auch die Fronte der Unter- 
kirche San Giovamii. Diese ist, namentlich was die Gliederung dera 
Streben betrifft, das am meisten nordiseh-gothische Stück des ganzen 
Domes; leider unvollendet. Die ganze Fassade lehnt stark um einen 
Fuss rückwärts und die Streben verringern sich (abgesehen von ihren 
geringen Absätzen) desshalb unmerklich nach oben zu. Von grosser 
extendatur longiludo ete.; ausdrücklich wird einbedungen, dass der neue Dom 
desshalb nicht dürfe liegen bleiben. Diese navis ist aber wohl wiederum der 
schon im XIII. Jahrhundert begonnene neue Chorhau; mit dessen bisherigen 
Gewölben man ohnehin unzufrieden war; die neuen „cerli modi et ordines 
milgnee pulchritudinis" sind dann nichts anderes als jene Aufsätze, welche den 
Ghorpfeilcrn ein schlankes Ansehen geben, jene schönen Oberfenster, endlich 
jene Hinterfassade, welche die Fronle der Unterhirche S. Giovanni bildet. 
Dass die letztere von Agostino und Agnolo von Siena entworfen sei, wird 
Vasari doch nicht rein aus der Luft gegriffen haben; allerdings lautet der 
Werhverding vom Jahr 1340 (Rumohr, a. a. 0. S. 139) auf Giovanni, Ago- 
stino's Sohn. allein dieser verpflichtet sich doch nur  preesentia et de v0- 
luntate et cum consilio, consensu et ex auetoritate praedicti mei patris prre- 
senlis et consentienlis". So spricht nur ein Abhängiger und wenn auch in 
der Urkunde von keinem zu befolgenden Entwurf des Vaters die Rede ist, 
so darf man doch getrost einen solchen voraussetzen. 
Rumohr war der grösste Kunstforscher, den wir seit Winckelmaun ge- 
habt haben. Allein er war nicht frei v0n_ der Untugend, die TMdiÜOII 11m 
Jeden Preis in die Schule zu nehmen; er halte viele Prädileetionen und An- 
tipathien, und wer ihm näher nachgehen könnte, würde ihn noch auf man- 
cher Willkür betreten. Es liegt diess weder in unserer Aufgabe noch in un- 
serer Fähigkeit.
	        
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