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Romanische Architektur.
Florenz.
S. Miniato das vorgothische Kunstvermögen Italiens auf eine so glän-
zende Weise zusammen, dass man die bald darauffolgende Einführung
des gothischen Styles aus dem Norden beinahe zu bedauern ver-
sucht ist.
Die betreffenden Gebäude haben wohl sämmtlich kurz vor oder
um das Jahr 1200 ihre jetzige Gestalt erhalten, eine Annahme, für
die wir hier die Beweise schuldig bleiben müssen und die mit sonst
geltenden Zeitangaben im XViderspi-ueh steht.
a Das erste derselben ist die kleine Basiliea SS. Apostoli in Flo-
renz; die Nebenschiife gewölbt; gleichmüssige Compositasäulen tragen
Bogen mit feiner antiker Einfassung; ihnen entsprechen Wandpilaster
(mit vielleicht neuern Capitiilen); die Cappellenreihen gelten als ur-
spriinglich; ihre Hinterwiinde laufen schräg, wohl aus Rücksicht auf
irgend eine Bedingung des engen Platzes.
b An S. J acopo in dem gleichnamigen Borgo ist nur eine drei-
cbogige Vorhalle mit Aufsatz, an der Badia bei Fiesole nur ein in-
erustirtes Stück der Fassade aus dieser (letzteres vielleicht aus einer
etwas frühem) Zeit vorhanden; merkwürdig ist hier das besondere
Gebälkstück (Architrav, Fries und Sims) über den Wandsäulen, ne-
ben einer sonst noch ziemlich spielenden Incrustation.
d Das Baptisterium S. Giovanni bezeichnet einen Höhepunkt
aller deeorativen Architektur überhaupt. Schon die Vertheilung des
Marmors nach Farben im Einklang mit der baulichen Bestimmung der
betreffenden Stellen (Simse, Flächen etc.) ist hier selbst edler und be-
sonnencr als z. B. am Dom 1). Vorzüglich schön sind dann in ihrer
Mässigung die plastischen Details, die Kranzgesimse der drei Stock-
werke, die Waudpfeiler, welche im halben Viereck beginnen, im hal-
ben Achteck fortfahren und als cannelirte WVandpilaster die Bewegung
in der Attica fortsetzen. Im Innern stehen vor den acht Nischen des
Erdgeschosses je zwei Säulen, müssig, wenn man will, aber hier als
"bedeutendes Zeugniss eines Verlangensnach monumentaler Gliederung.
Laut Vasari wäre die Incrustation wenigstens der untern Theile des Bapti-
steriums ein Werk des Domhaumeisters Arnolfo, nach 1294. Allein aus Va-
sari's eigenen Worten schimmert hervor, dass Arnolfo nur das schon Vor-
handene von entstellenden Zubauten befreite und ergänzte.