Handelsgericht zu Florenz zwischen den Tafeln, auf welchen die Pollajuoli mehrere
Tugenden dargestellt hatten , malte (jetzt in der ilorentinischen Gallerie). Das
Talent, das sich darin aussprach, verschaffte ihm Aufträge , die sich mit jeder voll-
zogenen Bestellung mehrten. So malte er für verschiedene Kirchen seiner Vaterstadt
in Oel und al fresco eine Menge Altargemälde und Heiligenbilder, sodann für Paläste
und andere Häuser zu Florenz mythologische und allegorische Darstellungen. Durch
alle diese Arbeiten erwarb er sich einen so grossen "und weitverbreiteten Namen, dass
ihn Papst Sixtus IV. nach Rom berief, um die eben beendigte, 1473 zu bauen ange-
fangene , nachher so benannte Sixtinische Kapelle im Vatikan durch ihn mit Fresken
schmücken zu lassen, ihm auch später die Oberaufsicht über sämmtliche Malereien über-
trug. Diese Bilder, welche von den berühmtesten Malern der Zeit ausgeführt wurden,
stellen auf der einen Seite Gegenstände aus der Geschichte des Moses, auf der andern
Scenen aus dem Leben Christi dar, und zwar rühren von Sandro drei Hauptbilder
her: Moses, wie er den Aegypter tödtet, die Hirten vertreibt, welche den Töchtern
Jethro nicht erlauben wollen, Wasser zu schöpfen , wie er deren Schafe tränkt und
seine Wanderung nach Aegypten antritt, alle diese Gegenstände auf einem Bilde;
dann: die Bestrafung der Ratte Korah, Dathan und Abiram, und der Söhne Aaron's;
endlich die Versuchung Christi. Oberhalb dieser Gemälde, unter dem Deckengewölbe
zwischen den Fenstern , stellte er in gemalten Nischen 28 stehende Figuren heiliger
Päpste dar.
Nach Beendigung dieser Wandgemälde kehrte er, vom Papst reichlich belohnt,
nach Florenz zurück, wo er für den Goldschmied und Kupferstecher Baccio Bal-
dini Zeichnungen entwarf, sich auch hin und wieder selbst mit der Kupferstecher-
kunst beschäftigt haben mag. Er zeichnete die 20 Vignetten zu der 1481 bei Niccolö
di Lorenzo della Magna erschienenen Ausgabe des Dante, die wohl sämmtlich von
Baldini gestochen wurden; an deren Ausführung im Stich scheint er aber keinen
Antheil genommen zu haben, wie dies früher vermut-het wurde. In späteren Jahren
gab er sich allzu sehr dem Sektengeiste des Savonarola hin , vernachlässigte darüber
die Kunst, woraus sich auch das nüchterne handwerksmässige Aussehen von Arbeiten
aus der letzten Zeit seines Lebens erklärt, und stürzte sich dadurch so in Verlegen-
heit, dass er völlig verarmte und ohne die Unterstützung des Lorenzo de' Medici und
anderer wohlhabender Kunstfreunde fast Hungers gestorben wäre. Endlich alt ge-
worden, wurde er zur Arbeit ganz untauglich, und so unbehülflich, dass er an Zwei
Stöcken gehen musste, bis er nach längerem Krankenlager im 68. Jahre Seinßä
Alters starb.
Die Hastigkeit und leidenschaftliche Bewegung, welche wir in den Werken
des Fra Filippo Lippi wahrnehmen, trug sich auch auf seinen Schüler Botticelli
über; sie verband sich aber bei ihm mit einer eigenthümlich phantastischen Auf-
fassungsweise, welche ein gewisses Bestreben zeigt, den Gegenstand über das Ge-
wöhnliche zu erheben. Er liebte das Leben und den Affekt in einer, selbst stürmi-
Scheu Erregung auszudrücken, und suchte nach einem Schönheitsideal, blieb aber
bPl einem stets wiederkehrenden Kopftypus stehen, der öfters äusserst liebenswürdig,
bisweilen jedoch sogar unschön und leblos erscheint. So zeigen zwar seine Venus-
gestalten oft dieselbe Gesichtsbildung wie seine Madonnen, aber die Bilder ziehen
doch wegen der Strenge der Naturnachbildung, die sich nicht selten zu ergreifendem
Ernste steigert, immer wieder von Neuem an. Unter den Florentinern war Botticelli
einer der frühesten, welche der mythologischen und allegorischen Profanmalerei im
Sinne der Renaissance eine dauernde Hingebung bewiesen, und er wusste solchen
Darstellungen Oft einen mährchenhaften Reiz zu verleihen, wie seine kirchlichen