Volltext: F - L (Bd. 2)

Gros , Antoine Jean. 
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doch noch einmal zu einer wahrhaft grossartigen und poetischen Auffassung empor, 
und zwar in den Kuppelgemälden des Pantheon, die ihm schon von Napoleon bestellt 
worden waren, aber erst 1824 beendigt wurden, und die ihm die Würde eines Barons 
eintrugen. Er stellte hier die heil. Genoveva als Beschützerin des französischen 
Throns dar, dessen Hauptrepräsentanten durch Clovis, Karl den Grossen, den heil. 
Ludwig und Ludwig XVIII. gebildet werden, sowohl an Grossartigkeit, Haltung und 
Meisterschaft die bedeutendste monumentale Malerei, welche Frankreich besitzt. Da- 
gegen zeigt sich Gros ungleich weniger auf seinem Felde, ja. in kühner, geistiger 
Schaffenskraft bereits gesunken in zwei Plafonds allegorischen Inhalts in den Sälen 
des Musee Charles X. (vom Jahr 1827), welche zwar in einer blühenden Farbe ge- 
malt, gut gezeichnet und ileissig modellirt sind, aber zu sehr eine blosse theatralische 
Zusammenstellung von Modellen sind, zu auffallend den Mangel an allem feineren 
Liniengefühl verrathen. Das eine stellt den Genius von Frankreich vor, welcher 
die schönen Künste und die Wissenschaften beschützt, das andere den wahren Ruhm, 
der sich auf die Tugend stützt. 
Gros stand damals auf der Höhe seines Künstlerruhms. Sein Verbannter Lehrer 
David hatte ihm die Leitung seiner Schule übergeben, und von 1816 an War er 
rasch Mitglied des Instituts, Rath der königlichen Museen, Professor an der Ecole 
des beaux arts, 1819 Ritter des Ordens vom heil. Michael, Baron , 1828 Ofiizier des 
Ordens der Ehrenlegion geworden. Trotz aller dieser Triumphe und Ehren hörte 
David nicht auf, von seinem Exil aus seinem früheren Schüler immer und immer 
wieder zu empfehlen, sein Talent nicht an so läppische Gegenstände, wie er dessen 
Darstellungen aus der Zeitgeschichte nannte, zu verschwenden, sondern wahre Ge- 
schichtsbilder zu schaifen, und der pflichtgetreue Schüler, der seinem Lehrer eine 
wahrhaft kindliche Zärtlichkeit widmete, der im Jahr 1822 eine Medaille auf ihn 
schlagen liess, der obgleich schon fast 60 Jahre zählende Gros befolgte zum Schaden 
für seinen Ruhm und sein Glück nur zu sehr die thörichten Rathschläge seines 
Lehrers. Er warf sich jetzt ganz auf s mythologische Fach und es entstanden: eine 
Ariadne auf Naxos, Herkules und Diomed, Acis und Galithea, Gemälde, die einen 
so grossen Gegensatz zu seinen früheren Arbeiten bildeten, dass die Kritik, unein- 
gedenk der früheren bedeutenden Leistungen des Meisters, sowie die öffentliche 
Meinung mit unbarmherzigem Spott über dieselben herfiel. Gros wurde dadurch 
so entmuthigt, glaubte sich dadurch so beschimpft, dass er die jetzt an seinem 
Namen klebende Schande nicht überlieben zu können wähnte. Er verfiel in eine 
düstere Schwermuth und suchte und fand den Tod in den Wellen der Seine bei 
Meudon.  
Wenige Künstler haben eine so grosse Schule gehabt, wie Gros. Vom Jahre 
1816-1835 bildete er über 400 Schüler. 
 Ausser den angeführten Gemälden von Gros kennt man auch mehrere sehr 
Schöne und ausgezeichnete grössere Bildnisse, unter denen die der Generale LßSSßlle 
und Lariboissiere besondere Erwähnung verdienen. 
Während David durch die Nachahmung der schönen griechischen Formen und 
der strengen, in reine Linien eingeschlossenen Zeichnung der französischen Malerei 
einen neuen Aufschwung gab, suchte Gros seine künstlerischen Vorwürfe in den 
ihm zunächst liegenden Umgebungen und Begebenheiten. Er nahm die französische 
Malerei da wieder auf, wozu sie David mit seinem Tod Marats und dem Mord Pelle- 
tier's erhoben, und führte in seinen Gemälden die Geschichte seiner Zeitgenossen 
fßfß, welche David über der Geschiche der grossen republikanischen Gestalten Rom's 
und Griechenlands im Stich gelassen hatte. Gros war und blieb der grösste Künstler 
des Kaiserreichs, welches ihm seine schönsten Verhgrrliehungen zu verdanken hat, 
Er bildete aber, indem er in seinen-Malereien aus der Zeitgeschichte mehr auf das 
Nationale und Individuelle einging, und damit ein Streben nach Farbengluth ver- 
band, auf gewisse Weise den Uebergang zu der Richtung der neueren Zeit_ Mit 
der alleinigen Ausnahme von Horace Vernet hat kein einziger neuerer französi- 
scher Maler eine solche kraftvolle , rüstige Werkthätigkeit und Bravour im Vortrage
	        
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