Gozzoli.
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woselbst ihm, als der Stätte seines Künstlerruhms, die Dankbarkeit der Pisaner
schon bei Lebzeiten, im Jahr 1478, einen Begräbnissplatz vorbehalten hatte. Als
Schüler hinterliess er den Zenobio Machiavelli.
Tafelbilder von Benozzo Gozzoli sind selten. Ausser dem angeführten Bilde
im Louvre sieht man in Domenico zu Pisa eine Tafel mit den 40 Märtyrern, sie "ist
aber sehr verdorben und übermalt. Ein vortreifliches, jedoch gleichfalls sehr ver-
dorbenes Bild von ihm, Maria mit dem Kinde zwischen vier Heiligen, befindet sich
in der Gallerie der Akademie zu Pisa. Eine Altarstalfel im Vatikan, die Wunder
eines polnischen Heiligen in einer Reihe von geistvollen Scenen mit höchst durch-
gebildeter Charakteristik dar-stellend, wird ebenfalls dem Benozzo zugeschrieben.
Auch eine Verkündigung in Tempera im Museum zu Berlin hält man für ein
Werk des Meisters. Eine Handschrift des Virgil auf Pergament in klein Folie in
der Bibliothek des Palastes Riccardi zu Florenz erinnert in ihren Miniaturen an den
Styl des Benozzo.
In seinen früheren Werken zeigt sich Benozzo Gozzoli in seiner eigenthümlich
lichten und heiteren Färbung, sowie in der verwaltenden Milde des Ausdrucks noch
entschieden als Schüler des Fiesole. Später jedoch macht sich in seinen Arbeiten
die grösste Verschiedenheit von der Richtung seines Meisters geltend. Denn gerade
er ist der erste unter den Italienern, dem die Schönheit und die Lieblichkeit der
Erde und ihrer mannigfaltigen Erscheinungen sich in voller Genüge aufgethan hat,
dessen Bilder überströmen von dem Entzücken über diese Schönheit. Er kostete
in vollen Zügen die Freude an schönen Lebensmotiven als solchen, und kümmerte
sich, über dem Bestreben, die letzteren in ihrer ganzen momentanen Kraft darzu-
stellen, um den Hergang selbst meistens viel weniger. Und sogar der Beschauer,
welcher sieht, mit welch' bewundernswürdigem Reichthum der Erfindung der Künstler
das besondere Talent verbindet, den feineren Gemüthsausdruck höchst lebendig in
anmuthigen Körperbewegungen darzulegen, welcher findet, wie Benozzo mit so vielem
Glück und in grosser Schönheit rasch vorübergehende Stellungen nachbildet, wie
der Meister ein begeisterter Entdecker neuer Sphären des Darstellbaren wird, selbst
der Beschauer, der jene Freude an dem neugeborenen Geschlecht von Lebensbildern
mitempündet, verlangt ausser dieser endlos reichen Bescheerung nichts weiter. Denn
Benozzo bildete nicht nur zuerst reiche landschaftliche Hintergründe mit Bäumen,
Villen, Städten, mit Flüssen und reichbebauten Flussthälern, mit scharf und kühn
gezeichneten Felsen, sondern er belebte auch diese Landschaften aufs-Anmuthigste
mit- Thieren aller Art. Ja, auch wo die Handlungen im Innern der Städte oder der
Wohnungen verfallen, entfaltete er die reichste Phantasie für architektonische Ge-
bilde, wusste er die mannigfaltigsten Hallen, nach Aussen durch Säulenstellungen
geöfneli, Zierliche Arkaden, Gallerien, Logen und dergl. anzubringen. Was endlich
die Auffassung selbst betrifft, so erklärt sich Benozzo in mannigfacher Beziehung,
namentlich in der epischen Ausbildung des Gegenstandes und dem schon erwähnten
Reichthum an Motiven, an Anmuth der Physiognomien und Gestalten , der Fülle und
Heiterkeit der Landschaft und der prachtvollen Ausschmückung mit Geschöpfen aller
Art als einen Geistesverwandten von Memling. Dann finden. wir in seinen Figuren
Scherz und Laune, Affekt und heilige Würde aufs Glücklichste vereint, und die
handelnden Personen meistens von einem Kreise Zuschauender umgeben, in denen
man vielfach Porträts von Zeitgenossen des Künstlers erkennt, denen er hierin ein
Denkmal gesetzt hat. Eigen ist eine gewisse, fast mädchenhafte Schüchternheit in
den Bewegungen seiner Figuren; auch vermisst man bei ihm diejenige plastische
Ausbildung und Genauigkeit der Form, welche Masaccio schon erreicht hatte.
Dagegen sind seine fein individualisirten edlen Köpfe voll des beredtsten Ausdrucks
in grosser Mannigfaltigkeit und seine Porträts eben so naturwahr als geistvoll
aufgefasst.
Literatur. Vasari, Beben de; ausgezeichlletäten Maler, Bildhauer und läaumeister. Lasinio,
Pitture al fresco 4191 campo Saum d; 91,3" Rosini, Descrizioue delle pxtture del Campo Santo di
Pin. Pisa, 1816. Kugler, Handbuch der Geschichte der Malerei. Bnrckhardz, Der Cicerone.