Volltext: F - L (Bd. 2)

Girardet , Edouard 
Girardon. 
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überfallen wird, das man 1842 zuerst im Salon zu Paris sah, erregte er grosses Auf- 
sehen. Später bebaute er mehr das Feld des Genre und der Landschaft, und seine 
Gemälde haben in Auffassung und Behandlung die grösste Verwandtschaft mit denen 
süddeutscher Maler. Ansichten vom Brienzersee, woselbst sich Girardet bleibend nie- 
dergelassen zu haben scheint, und von anderen Schweizerseen , oberitalienische Ge- 
genden, Vorgänge aus dem Volks- und aus dem Soldatenlehen, gemüthliche Familien- 
auftritte, Kinderspiele u. dgl. gelingen ihm ganz vorzüglich. Die Gesichter seiner 
Figuren sind lebendig und mannigfaltig, Zeichnung und Farbe wohlerwogen und har- 
monisch, Ausführung und Behandlung geschickt und üeissig; nur wäre seinem Vortrag 
mehr Breite, seiner Färbung mehr Wärme zu wünschen. Auf der grossen pariser 
Kunstausstellung im Jahre 1855 sah man von ihm: eine Ansicht der Kathedrale von 
Tonrs; eine Dattelerndte in Aegypten, und den Brienzersee. 
Girardet, Edouard, geb. zu Neufchatel, der Bruder des Vorigen , Maler, verfolgt 
diejenige Richtung der Genremalerei, die Ary Scheffefs jüngerer Bruder in Frank- 
reich begründet hat. Wir haben von ihm Bilder, die verschiedene fromme und patriar- 
chalische Vorgänge aus dem Familienleben der Berner Landleute in schlichter, ruhiger 
Auffassung vorführen. Der Künstler liebt aber auch den Humor des Lebens und leiht 
ihm seinen kecken Pinsel, wie er Wiederum eine seltene Begabung für ergreifende 
und erschütternde Scenen zeigt. In allen seinen Darstellungen jedoch giebt er uns 
ein Leben voll Wahrheit und Schönheit. Dabei ist er ein feiner Psycholog, der es 
versteht, wie kein Anderer, jeden Zug des Schweizerlebens in seinem Wesen aufs 
Tiefste aufzufassen und zur Anschauung zu bringen, und zwar so unmittelbar, dass 
jede Spur einer beabsichtigten Wirkung auf den Zuschauer verschwindet. Wie tief 
ergreift uns nicht jene Mutter an der Wiege ihres sterbenden Kindes, jener Besuch 
beim Arzt und endlich jene Auktion auf dem Lande! Auf der grossen pariser Kunst- 
ausstellung im Jahre 1855 sah man von Girardet: eine Messe im Berner" Oberland. 
Girardet, Emile, ein treiflicher Genremalcr. Im Jahre 1852 sah man von ihm eine 
Winterscene im Gebirge, ein Bild, das als ein Meisterwerk in der Darstellung ge- 
priesen wurde. 
Girardet, Jean, Historienmaler, geb. zu Luneville 1709, gest. 1778 zu Nancy, 
bildete sich in letzterer Stadt, namentlich aber in Italien zu einem tüchtigen Künstler 
in seinem Fache. Er malte für Kirchen und Paläste in Oel und al fresco. In Loth- 
ringen triift man noch viele Bilder von ihm. 
Girardin, Alexandre Francois Louis, Graf, geb. 1767 zu Paris, malte Historien 
und Landschaften mit Talent und Geschmack. 
Girardon , FIMIQOiS , ein tüchtiger, seiner Zeit hochgeschätzter Bildhauer, geb. 
1630 zu Troyes, gest. 1715 zu Paris, war der Sohn eines Erzgiessers, und wurde 
vom Vater für das Studium der Rechtswissenschaft bestimmt; doch gab der letztere, 
als er des Sohnes dauernde Neigung für die Kunst erkannte, endlich seine Einwil- 
ligung zum Studium derselben. Er that ihn zu einem Holzbildhauer in die Lehre. 
bei welchem er, da derselbe auch Heiligenbilder schnitzte, Gelegenheit fand. die 
verschiedenen Statuen von Fr. Gentil und Domenico Fiorentino in den Kirchen 
von Troyes zu studiren. Seine erste Arbeit in Stein war eine anderthalb FUSS hohe 
Statue der Maria, die bereits viel Talent verrieth. Hierauf kam er durch den Kanzler 
Seguier, der Freude an dem begabten Jüngling fand, nach Paris, WO 61' ill die 
Schule des geschickten Bildhauers Fr. Anguier trat. Seine Fortschritte gewannen 
ihm die Gunst des Königs, der ihm die Mittel gab , sich in Rom vollends ausbilden zu 
können. Auch hier wusste er sich bald durch seine Geschicklichkeit Geltung zu ver- 
schaffen, er kehrte jedoch schon 1652 wieder nach Paris zurück, wo sich ihm eine glän- 
zende Laufbahn eröfnete, Die Neigung des ersten Malers des Königs, Charles Le- 
bYUIVS, der die ganze damalige Kunstthätigkeit am Hofe Ludwig XIV. beherrschte, ver- 
Schäfte ihm nicht nur eine Menge von Aufträgen für die Schlösser von Versailles und 
TTiaiioll, sondern auch, da sich Girardon immerdar in respektvoller Unterthänigkeit 
von Seinem Gönner zu halten wusste, eine Ehrenstelle nach der anderen. Schon in 
seinem 27.Jahre wurde er Mitglied der Akademie, im Jahr 1659 Professor, 1674 
Müller, Künstler-Lexikon. II. 16
	        
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