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Giordano.
Begabung und Geist, wie an der Gelegenheit fehlte, aus den Werken der vorzüg-
lichsten italienischen Meister sich einen eigenthümlichen Styl zu bilden, entfernten
sich ganz von dem edlen und grandiosen Charakter ihrer eigenen grossen Künstler,
strebten jetzt nur nach Giordanols glänzender äusserer Manier, weil diese ihren
Zeitgenossen so gefallen, beabsichtigten blos eine Wirkung im Allgemeinen, durch
ein pikantes Helldunkel und ein abwechselndes Colorit das Auge zu vergnügen , statt
den höheren Sinn zu befriedigen, und verloren den höchsten Zweck der Kunst ganz
aus den Augen.
Man hat auch auf Luoa Giordano angewandt, was man über Tintoretto sagt.
Von letzterem behauptet man, iigürlich gesprochen, er habe drei verschiedene Pinsel
gehabt, einen goldenen, einen silbernen und einen bleiernen. Beide Künstler haben
leider nur zu oft den letzteren in Anwendung gebracht.
Alle Bilder, die Luca gemalt, namentlich aufzuführen, ist nicht möglich. Es
würde Schwindel erregen, wenn man den Raum berechnen wollte, den er mit Bildern
ausgefüllt. Wir nennen daher ausser den bereits angeführten Gemälden von ihm nur
noch die bedeutendsten. Die Gemäldesammlung zu Blenheim (England) verwahrt
von Luca: Seneca, der sich die Adern öffnen lässt, ein Bild von seltener Ausführung;
das Museum zu Berlin: das Urtheil des Paris; Euklid in seinem Studirzimmer;
Archimed, einen Brennspiegel in den Händen haltend; die Bildersammlung zu Cors-
hamhouse: zwei Schlachtbilder voll Leben und Geist; die Gallerie zu Darmstadt:
die Entführung der Europe und den Kopf eines Satyrs. In der Dresdner Gallerie
sieht man von ihm: den sterbenden Seneca; die Verstossung der Hagar; Lucretia,
den sich ihr nähernden Tarquinius abwehrend; David mit dem vor ihm liegenden
Haupt des Goliath; Perseus im Kampfe mit Phineus; Abraham's Knecht, der der
Rebecca die von seinem Herrn für sie bestimmten Geschenke überreicht; Bacchus,
der die schlafende Ariadne am Ufer des Meeres findet; den heil. Sebastian, dem die
vor ihm knieende Irene den blutigen Körper mit einem Tuche reinigt; Rahel und
Jakob am Brunnen; den Raub der Sabinerinnen; Herkules an der Seite der Omphale;
Susanna, von den Alten überrascht; die Schlacht der Israeliten und Amalekiter;
Bacchus mit seinem Gefolge erscheint der Ariadne; die büssende Magdalena; Maria
mit dem Christuskinde; Loth mit seinen Töchtern; ein nächtliches Gefecht; den
Todtenkopf des heil. Franciscus; das Brustbild eines jungen Mannes. Eine reiche
Sammlung von Bildern des Meisters, 57 an der Zahl, verwahrt das Museum zu
Madrid. Darunter erregen: eine heil. Jungfrau mit dem Christuskind und dem
heil. Johannes, ein ganz in der Art des Raphael behandeltes Bild, und ein grosses
Bild, eine Allegorie auf den Frieden, dem Rubens bewundernswürdig nachgeahmt,
besonderes Interesse. Auch die grossherzogliche Gemäldegallerie zu Mannheim
besitzt ein Bild von Giordano: die heil. Maria mit dem Kinde. In der Pinakothek
zu München zeigt man: den bethlehemitischen Kindermord; den an das Kreuz
gehefteten Heiland, wie er von Henkersknechten mit demselben erhoben wird; den
Selbstmord der Lußretia; Christus speiset die viertausend Mann (bez. Luca Jor-
dann s); Christus mit der Samariterin am Brunnen; Christus wird in der WVüste vom
Satan versucht; das Bildniss des Vaters des Künstlers und sein eigenes Porträt.
Das Museo borbonico zu Neapel besitzt ebenfalls eine Anzahl von Bildern von ihm,
unter denen: eine Pieta; der heil. Franz Xaver, der Wilde tauft; eine Madonna del
Rosario zu den besten gezählt werden. Im Louvre zu Paris findet man: Christi
Darstellung im Tempel, ein Bild, im Geschmack des P. Veronese componirt und
durch klare Färbung ausgezeichnet; Christus, umgeben von Maria und Joseph,
empfängt von Engeln die Leidenswerkzeuge; Venus und Mars, von den Grazien und
Liebesgöttern bedient, ein Gemälde von brillantem Eiiekt (gest. von Pierron). Die
Eremitage in St. Petersburg ist im Besitz von sechs grossen Bildern des Meisters:
die Cyklopen; eine Kreuzabnahme; die Vertreibung von Adam und Eva aus dem
Paradiese; der schlafende Amor; die Entführung der Europa, und die heil. Magdalena
darstellend. In der Gallerie des Museums der bildenden Künste zu Stuttgart sieht
man: Armida und Rinaldo; Rebecca und Elieser am Brunnen; im Belvedere zu