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Giordano.
Parma und Venedig, und es ist als Resultat dieser Heissigen Studien sein nunmehriges
Bemühen zu betrachten, mit der Kraft des Helldunkels in Tizian's Bildern, der gross-
artigen Coinposition in Paolo's Gemälden die ausserordentliche Harmonie und das
blühende Colorit des Cortona zu verbinden.
In die Vaterstadt zurückgekehrt, malte er für die Kirche S. Potito: die Andacht
der heil. Rosalie; einen Gott Vater, von Engeln umgeben und die heil. Jungfrau mit
dem Kinde; ferner das Leben des Johannes des Täufers, das letztere a1 fresco, lauter
Bilder, welche die Neapolitaner von den eminenten Fortschritten überzeugten, Welche
Luca in der Malerei gemacht, seit er die Schule des Ribera verlassen. Der Erfolg,
den er desshalb auch mit seinen Arbeiten in Neapel davontrug, konnte nicht verfehlen,
den Neid minder begabter Künstler zu erregen, eines Francesco di Maria, eines
Andrea Vaccaro und Giacomo Farelli. Als Luca aber im Wetteifer mit letz-
terem in der dortigen Kirche S. Brigida eine Tafel gemalt, auf der er eine Scene aus
dem Leben des h. Nicolaus dargestellt, und diese einen allgemeinen, beispiellosen Beifall
erhalten hatte, schlug er mit diesem einzigen Siege seine Neider aus dem Felde und sah
sich nun als anerkannt erster Meister im Besitz der unumschränkten Macht auf dem
Gebiete der Malerei. Die Zahl der von ihm um diese Zeit mit steigendem Ruhme in den
Kirchen Neapels, in S. Maria della Solitaria, in Madonna del Pianto, in den Kirchen
der Augustiner und Karmelitermönche, in der reizenden Kuppel von S.Brigida u. s. w.
ausgeführten Bilder ist ausserordentlich gross und es gehören darunter seine schönsten.
Man rühmt besonders jene riesige Frescogemälde in der Kirche de' Gerolimini in
Neapel, wo Christus die Käufer und Verkäufer zum Tempel hinauspeitscht, und die
Deckenfresken der Sacristei von S. Martina, mit Geschichten der Judith und der
ehernen Schlange.
Nach Beendigung der schönen Malereien in Monte Casino begab sich Giordano
im Jahr 1679 nach Florenz, um dort die Kuppel der Kapelle Corsini in der Kirche del
Carmine mit Fresken zu schmücken. Er stellte darin den h. Bischof Andreas, vom
Herrn der Heerschaaren im Himmel empfangen, und darunter in allegorischen
Gestalten die Tugenden dieses Heiligen dar. Ausserdem malte er in der Hauptkapelle
der Kirche S. Maria Maddaleno de' Pazzi zwei Scenen aus dem Leben dieser Heiligen
und das Deckengemälde in der Kirche della Pace, eine Darstellung aus der Geschichte
des h. Bernhard enthaltend. Auch verzierte er die Decke der Gallerie des Palastes
Riccardi mit Freskogemälden aus der Mythologie. Durch alle diese Werke setzte er
sich in Florenz so sehr in Achtung, dass ihm der Grossherzog als Zeichen der Gunst,
in welcher er bei ihm und beim Volke stand, eine goldene Kette mit seinem diamanten-
besetzten Bildnisse verehrte. Die ungeheure Zahl von Bildern anzuführen, die er
dort fertigte, ist kaum möglich; es wird genügen, wenn wir mittheilen, dass seiner
Zeit fast keine angesehene Familie zu Florenz war, die nicht ein Gemälde von ihm
besass. Ein Aehnliches lässt sich fast von Venedig sagen, wohin er sich von Florenz
aus begab und woselbst man noch heute in den Kirchen S. Daniele, S. Maria del
Pianto und S. Maria della Salute verschiedene seiner Zeit sehr gerühmte Bilder von
ihm sieht.
Nach seiner Rückkehr nach Neapel setzte Giordano hier seine verlassene Thätig-
keit wieder fort und führte eine fast unglaubliche Menge von Gemälden aus, sowohl
in Oel als al fresco, der heiligen und Profangeschichte entnommen; ja, die Schrift-
steller, denen wir diese Nachrichten über das Leben des Luca Giordano verdanken,
behaupten, dass seiner Zeit kein heiliger Ort in seiner grossen, weitausgedehnten
Vaterstadt gewesen sei, der nicht ein Bild von ihm aufzuweisen gehabt hätte. Wenn
wir unter den Malereien, die er um diese Zeit in der Kathedrale, woselbst er den Tod
der h. Restituta darstellte, die Bilder in den Kirchen AnnünZia-tß und S. Gregorio, in
S. Apostoli und S Spirito, in S. Luigi, in S. Filippo Neri, in Pietä. de' Turchini und
Dßlllm Regina gemalt, nennen, haben wir wenigstens die bedeutendsten angeführt.
Um einen Beweis von der bewundernswürdigen Geschwindigkeit seines Pinsels, seiner
gewaltigen Handfertigkeit, von seinem ausserordentlichßn technischen Geschick anzu-
flihren, wird erzählt, dass er die grosse Tafel in S. F rances Saverio für die Jesuiten