Volltext: F - L (Bd. 2)

Giocondo. 
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Gelehrter, sei es als Baukünstler, meistens in Verona, wo er nachmals die massive 
Brücke della Pietra baute. 
Um diese Zeit muss Giocondo in der Blüthe seines Ruhms gestanden sein, denn 
er wurde 1499 von Ludwig XIL, König von Frankreich, nach Paris berufen, um 
mehrere Bauten für ihn auszuführen. Er baute dort die schöne Brücke Notre Dame 
über die Seine, welche die Bewunderung des Scamozzi in dem Grade erregte , dass 
er sie für eines der schönsten Werke in Paris erklärte. Von anderen Bauwerken, 
die er in Frankreich ausgeführt, schreibt man ihm den Cour des comptes und die 
älteren Theile des Schlosses von Blois zu, Bauten, in denen der Renaissancestyl mit 
spätgermanisch-französischen Elementen, ja mit Anklängen an die romanische Bau- 
weise vermischt auftritt. 
Sein Aufenthalt in Paris war aber nicht nur für die Baukunst, sondern auch 
für die Literatur von Interesse, da er während seines dortigen Aufenthalts eine Hand- 
schrift des jüngern Plinius auffand, die, ausser vielen Stellen , welche geeignet sind, 
Lücken der vorhergegangenen Aufgaben auszufüllen, eilf Briefe des Plinius an seine 
Freunde und seinen ganzen Briefwechsel mit Trajan enthielt. Aldo Manuzio gab 
dieselbe im Druck heraus. Sie erschien zu Venedig im Jahr 1508 und 1514. 
1506 nach Venedig berufen, baute Giocondo dort den Brentakanal und erwarb 
sich durch dieses ebenso kühne und staunenswerthe, als äusserst nützliche Werk 
grosse Verdienste um die Stadt. Zu gleicher Zeit errichtete er die Fondaco de' 
Tedeschi, die Waarenhalle der Deutschen, jetzige Dogana, ein einfach grosses 
Gebäude mit vielstöckigern Pfeilerhof, dessen sämmtliche Aussenmauern von Tizian 
und seinen Schülern bemalt wurden. Leider ist dieser malerische Schmuck bis auf 
wenige Spuren an der Kanalseite verloren; wäre derselbe noch wohl erhalten, würde 
diese Fondaca eines der schönsten Gebäude Italiens sein. Der indessen ausgebrochene 
Krieg vertrieb Giocondo aus Venedig. Er ging nach Treviso, wo er, zurückgezogen 
von der Welt, im Kloster der Predigermönche lebte, aber nicht lange der Ruhe 
püegen konnte, weil er, das in Gefahr gerathene Vaterland zu vertheidigen, nach 
Verona zurückberufen wurde, um die Festungswerke von Treviso zu verbessern, und 
in der Umgegend einige neue anzulegen. 
Endlich wurde Giocondo, nachdem im Jahr 1513 eine Feuersbrunst zum grossen 
Schaden der Venetianer den Rialto von Venedig, das Gebäude, worin sich die Nieder- 
lagen der kostbarsten Waaren der Stadt befanden, zerstört hatte, beauftragt, die 
Pläne zu einem neuen, der WVichtigkeit des Gebäudes und der Grösse und Würde 
der Republik entsprechenden Gebäude anzufertigen. Er lieferte eine nach allen 
Seiten hin wohl überlegte, ausgezeichnet schöne Zeichnung; allein der Rath der 
Stadt zog aus besonderer Gunst die Pläne eines anderen Meisters, des Scarpagnino, 
vor, worauf Fra Giocondo im Verdruss die Stadt verliess, um nie mehr dahin zurück- 
zukehren.  
Er begab Sißh 118011 ROIII, Wo Papst Leo X. dem schon achtzigjährigen Greis 
in Gemeinschaft mit Raphael und Sangallo die fernere Leitung des Bau's der 
Peterskirche übertrug; namentlich vertraute man dabei seiner langjährigen Erfah- 
rung die Sorge für eine solidere Grundlage des an einzelnen Stellen dem Einsturz 
drohenden Gebäudes an. 
Von dieser Zeit an fehlen uns fernere sichere Nachrichten über Sein Weiteres 
Leben und Wirken; ja selbst unsere Angabe der Jahre, in welchen er dieses oder 
jenes seiner Werke ausgeführt, ist durchaus nicht als unumstösslich erwiesen zu 
betrachten. Wenn uns aber auch  so seltsam uns diess in Betracht der Zeit und 
der grossen Bedeutsamkeit des Künstlers immerhin erscheinen mag  die Dokumente 
für die Beweise der betreffenden Daten mangeln, in welchen die von ihm ausgeführten 
Bauwerke entstanden, so müssen eben diese für ihn sprechen, deren schönste uns 
glücklicher Weise erhalten geblieben sind.  
Von Giocondo's gelehrten Arbeiten haben wir noch einige anzuführen. Als 
Ergebniss seiner architektonischen und antiquarischen Studien in Rom besorgte er 
im Jahr 1511 eine Ausgabe des Vitruv mit 130 Abbildungen, die er Papst Julius II.
	        
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