Volltext: F - L (Bd. 2)

Gilly , David 
Gilly , Friedrich. 
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Zeit im Lande umhergezogen, kam er nach London, wo er sich nunmehr der Kunst 
zu widmen entschloss. Er besuchte zu diesem Zwecke ileissig die Akademie in 
Sommersethouse, zeichnete, ätzte und malte; machte sich 1783 und 1784 durch 
mehrere ernste Darstellungen und Bildnisse, die er stach, bekannt, und versuchte sich 
auch hin und wieder mit satyrischen Stichen und Karrikaturen. Da besonders letztere 
den einmüthigen Beifall des Publikums fanden, so fasste er den Entschluss, seinem 
alten Hang zur Karrikatur nachzugehen, ein Vorsatz, worin ihn das Bewusstsein, 
im Besitz einer unerschöpflichen Phantasie und einer stets sicheren Zeichnung zu 
sein, die Gabe in sich zu tragen, die Gesichtszüge jeder Person, die er nur einmal 
gesehen, richtig aufzufassen, sowie seine ausgebreiteten wissenschaftlichen Kenntnisse, 
nur bestärken konnten. Die geistvolle Auffassung der betreffenden Persönlichkeiten, 
Witz und Neuheit der Gedanken und die unverrückte Rücksichtsnahme auf den eigen- 
thümlichen Charakter der Karrikatur machten ihn darauf bald zum ersten lebenden 
Künstler in seinem Fache, nicht nur in England, sondern in ganz Europa. 
Der grössere Theil seiner Karrikaturen bezieht sich auf die Politik seiner Zeit 
und ihrer Träger, doch entgingen auch die Thorheiten, Verkehrtheiten, Heucheleien 
derselben überhaupt, oder einzelne, sich in irgend einer Weise auszeichnenden oder 
sich lächerlich machenden Persönlichkeiten seinem satyrischen Stifte nicht. Ganz 
London schätzte sein Verdienst und  fürchtete ihn.  
Im Jahr 1837 wurde zu London die grosse Sammlung seiner Karrikaturen, 
349 Platten enthaltend, worunter mehrere nie veröffentlichte, um 70 Pfund Ster- 
ling verkauft. 
Gilly, David, geheimer Oberbaurath in Berlin, geb. 1745 zu Schwedt, gest. 1808 
zu Berlin, war ein äusserst erfahrener und praktischer Baukünstler, unter dessen 
Leitung Sohinkel 1797 den ersten Unterricht in der Architektur erhielt. Er gab 
auch mehrere seiner Zeit sehr geschätzte und nützliche, jetzt freilich veraltete, prak- 
tische Schriften über Baukunst heraus. 
Gilly, Friedrich, königl. Bauinspektor und Professor, geb. 1771 zu Berlin, gest. 
1800 daselhst, der geistvolle Sohn des Vorigen, kam nach längeren Studienreisen 
in Italien 1798 in seine Vaterstadt zurück, fand dort alsbald einen seinen grossen 
Fähigkeiten und Kenntnissen entsprechenden Wirkungskreis, und unterrichtete von 
seiner Rückkunft an Schinkel in der Baukunst. War aber auch seine künstlerische 
Thätigkeit in Folge seines frühen Todes nur von kurzer Dauer, so wirkte doch sein 
Beispiel fördernd und nacheifernd auf alle ferneren architektonischen Leistungen Ber- 
lins, namentlich aber lebte sein Geist in den Werken seines grossen Schülers fort. 
Gilly war einer jener Künstler, welche mit grösster Genialität und glücklichstem 
Erfolge gegen die verdorbene Geschmacksrichtung des 18. Jahrhunderts angekämpft, 
welche zuerst die Reinheit und die Würde der griechischen Kunst als Grundlage deS 
höheren architektonischen Studiums hingestellt haben. Seine architektonischen Werke 
(verschiedene Prachtgebäude in Berlin und in der Umgegend) zeichnen sich gegen 
die Formen gesunkenen Geschmacks seiner Vorgänger, durch eine ernste Einfalt aus; 
und mit, demselben Geiste war er bemüht, die Leistungen des Handwerkes zu einer 
edleren Schönheit durchzubilden. Zugleich war er ein bedeutender Meister im Fache 
der bildenden Kunst, und zwar nicht blos in der landschaftlichen Darstellung von 
Architekturen, auch in historischen Compositionen hat er Ausgezeichnetes geleistet. 
Wir erinnern hier nur an seine malerischen Ansichten des Schlosses Marienburg 
in Preussen, _und an die Entwürfe für die Darstellungen des großen Frleses am 
Aeusseren des Münzgebäudes in Berlin, der hernach von Gottfried Schadow 
ausgeführt wurde. Die Blätter einer seiner grossart-igsten Entwürfe, ein Denkmal 
Friedrich des Grossen enthaltend, werden im Lokale der Oberbaudeputation zu Berlin 
aufbewahrt. 
Die Ideen, zu denen sich Gilly in der kurzen Bahn seines künstlerischen Wirkens 
emporgearbeitet hatte, gingen auf Schinkel, als eine schöne Grundlage für weitere 
Bestrebungen, über; die Hoffnungen, zu denen jener einen so begründeten Anlass 
gegeben hatte, sollten durch seinen Schüler, der ihm weder an lebendigem Sinne
	        
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