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Gegenbaur.
wurde er vom Könige mit dem Auftrage beehrt, das neu erbaute Landhaus Rosen-
stein mit Fresken zu schmücken. Er stellte dort in der Kuppel des grossen Saales
den Olymp in zwei Abtheilungen dar, von denen die eine: Jupiter, wie er der
gesühnten Psyche die Unsterblichkeit ertheilt, die andere die Hochzeit von Amor
und Psyche enthält. Auf die vier Felder unterhalb der Kuppel malte er: Psyche
erkennt den Amor; Psyche übergibt der Venus die Büchse aus der Unterwelt; Amor
bittet den Jupiter um die Psyche; Merkur trägt die Psyche in den Olymp. Diese
sämmtlich a1 fresco gemalten Bilder zeichnen sich durch eine blühende Phantasie,
durch herrliche Gruppirung, Würde, Kraft, Schönheit und Holdseligkeit der Gestalten
und glänzendes, leuchtendes Colorit aus. Auch die vier Jahreszeiten und eine Aurora,
in schwebenden Figuren, in einem Kabinet der Königin in demselben Schlosse,
machen sich durch die Grazie der Bewegung und die Lieblichkeit der Färbung auf's
Vortheilhafteste bemerkbar. Die Jahre 1829-1835 brachte Gegenbaur wieder in
Rom zu, woselbst nun seine Fortschritte in seiner Kunst, namentlich in der Färbung,
ihn zu einem der gefeiertsten Maler der ewigen Stadt machten. Er malte dort haupt-
sächlich Frescogemälde auf Leinwand und entfaltete, von einheimischen Aufträgen und
auswärtigen Bestellungen überhäuft, eine grosse Thätigkeit. Unter den um jene Zeit
entstandenen Bildern nennen wir: Herkules und Omphale (im Besitz des Prinzen
Albert in London); Amor und Psyche; die Himmelfahrt Mariä für einen Hausaltar
in England; ausserdem eine grössere Anzahl Madonnenbilder, enkaustisch und al
fresco , sowie verschiedene Aphroditen, auch eine Kreuzigung Christi, Hochaltarbild
für die Kirche in Christazhofen bei Wangen. Auf einer Besuchsreise in seiner
Heimath über Stuttgart kommend, wurde er hier (1835) vom Könige eingeladen,
einige Säle seines Residenzschlosses mit Fresken auszumalen, und, nachdem er den
Auftrag übernommen, zum königl. Hofmaler ernannt. Von 1836-1854 schmückte
er nun iiinf Säle des Erdgeschosses und oberen Stockes im königLResidenzschlosse
zu Stuttgart mit Fresken aus der württembergischen Geschichte, die zu den schönsten
Bildern dieser Art gehören, und die Bewunderung aller sind, die sie sehen. Er
stellte dort in dem ersten Saale des oberen Geschosses drei Scenen aus dem bewegten
Leben des Grafen Eberhard II. von Württemberg mit dem Beinamen, der Greiner,
dar, und zwar dessen Flucht aus dem Wildbad (1367), die Zerstörung der Veste
Bernek (1368) und die Schlacht bei Döfüngen (1388); in dem zweiten Saale: Graf
Eberhard des Erlauchten Ausfall aus der belagerten Stadt Stuttgart (1286),; die
Schlacht bei Esslingen zwischen Graf Ulrich dem Vielgeliebten und den Reichs-
städten (1449), und den Einzug des Herzogs Eberhard im Bart in Tübingen (1495).
Ausserdem sieht man im ersten Saal über den Thüren rechts: die allegorische Gestalt
des Vaterlandes, die Watfen des Grafen Ulrich haltend und trauernd um den ge-
fallenen Helden; links: die Württembergia, zu ihren Füssen die erbeuteten Waffen
und Banner der Feinde, dem Grafen Eberhard den Siegeskranz reichend; über den
Thüren des zweiten Saales einerseits: das von Genien gehaltene württembergische
Wappen, ßHdeTSeitS das Wappen des ersten württembergischen Herzogs, Eberhard
im Bart, mit dessen um eine Palme gewundenen Wahlspruch: "Attempto". Die Bilder
in den drei Sälen des Erdgeschosses sind: Graf Eberhard der Erlauchte vor Kaiser
Heinrich VII. von LllXemburg zu Speyer (1309); Graf Eberhard der Greiner, Kaiser
Karl IV, gegen seinen Nebenbuhler Günther von Schwarzburg vertheidigend (1348);
die Gräfin Henriette von Mömpelgard (Gemahlin des Grafen Eberhard IV. von Würt-
temberg), den Grafen Friedrich von Zollern gefangen nehmend (1423); Graf Eber-
hard's im Bart Pilgerfahrt nach Jerusalem (1468); dessen Vermählung mit Barbara
Gonzaga von Mantua (1474); Graf Eberhard im Bart, wie er zum Ritter vom heil.
Grab geschlagen wird (1468); dessen Besuch bei LOTHIIZO W111 Medici zu Florenz
(1482); Graf Eberhard im Bart, wie ihm Papst SiXßIIS IV- die goldene Rose über-
reicht; derselbe, Wie 61' V0" KaiSßr Maximilian mit der Herzogswiirde belehnt wird;
endlich: Kaiser Maximilians Besuch am Grabe des Herzogs im Kloster Einsiedel (1497).
Alle diese verschiedenen Scenen, seien es Kriegsthaten , Ceremonien- oder stille
Familienbilder, hat der Künstler, stets den prägnantesten Moment erfassend, interes-