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Bewunderung von halb Europa einerntete. Man rühmte allgemein an diesem Bilde
die grossartige Verbindung und Verschmelzung der lebendigsten und zugleich
naivsten dramatischen Wirkung mit grossartig historischer Auffassung,_ die Kraft
der Existenz, die Fülle des Daseins in den Gestalten, ihre Haltung undGemessen-
heit, die mit Ehrfurcht erfüllen, das Gepräge nationalen Gemeingefühls, das ihnen
aufgedrückt ist, und die Würde und Feier des malerischen Styls, "welche den Ein-
druck auf wohlthuende Weise zu einem abgerundeten und" abgeschlossenen macht.
Die Zeichnung, die Modellirung sind durchaus meisterhaft und zeugen von tiefer
Kenntniss der Formen und optischen Wirkungen. Nichts kommt der Kraft und
Klarheit, der Tiefe und dem Glanz der Färbung, der klugen, alle störenden Kon-
traste meidenden Farbenvertheilung mit ihren feingestimmten Uebergängen, der
Harmonie der Haltung und der bis zur Illusion sich steigernden Wirkung gleich.
Dem Künstler wurden grosse Ehren für diese grossartige Hervorbringuug zu Theil.
Der König der Franzosen übersandte ihm das Ritterkreuz der Ehrenlegion, und der
König von Belgien schmückte mit dem Ritterkreuz des Leopoldsorden des Künstlers
Brust; eine eigene Medaille wurde zu seiner Ehre geschlagen; der Magistrat um
Gent bestellte ihm ein grosses Gemälde, dessen Stoff aus derGeschichte der Stadt
entnommen werden sollte; sämmtliche Gentner Künstler huldigten dem Talent ihres
Kunstgenossen durch Ueberreichung einer prachtvollen Palette mit passender Auf-
schrift; seine Geburtsstadt sandte ihm eine silberne Dose im Werth von 3000 Franken,
und auf einem ihm zu Ehren veranstalteten Festmahl ward ihm ein herrlicher Humpen
überreicht und sein Haupt mit einem Kranz von goldenen Lorbeerblättern geschmückt.
Nach einer Pause in der Produktion grösserer Geschichtsbilder, die der Künstler
durch Ausführung einiger vortrefflichen Bildnisse und mehrerer Genregemälde aus-
gefüllt hatte, unter denen man besonders das Porträt des Staatsministers de Theux
zählt, trat er im Jahr 1848 wieder mit einem bedeutenderen Bildei Egmonts Vor-
bereitung zum Tode darstellend, das in den Besitz des Consuls Wagener in Berlin
überging, hervor. Dasselbe stellt sich seinem Meisterwerke, der Abdankung, würdig
zur Seite, übertrifft es aber sogar noch in der Technik. Gleichzeitig mit diesem Bilde
sah man von Gallait eine Versuchung des heil. Antonius, die aber neben dem Egmont-
minder befriedigte. Im Jahr 1849 stellte er in der vom Könige von Hollanderrich-
teten neuen Gemäldegallerie im Haag, ausser einer kleinen vom Künstler selbst
gemalten Wiederholung der Abdankung, ein geistreich ausgeführtes Bild: die Er-
stürmung Antiochiens, aus. Für das grosse Künstlerfest zu Brüssel am 5. Jan. 1850
malte er an die Decke des Lokals ein Bild von ungeheurer Dimension, in welchem
er "den Triumph des Genies" in Gruppen von Künstlern aller Völker und Zeiten,
welche ihr Genie unsterblich gemacht hat, darstellte. In der mit jenem Feste ver-
bundenen Ausstellung von Gemälden war sodann ein ausnehmend schönes und aus-
drucksvolles {Bild VOR ihm: "der zerbrochene Fidelbogen" betitelt, einen über
sein zerbrochenes InStrument weinenden jungen Musikanten darstellend, zu sehen-
Den Glanzpunkt der darauf folgenden grossen Brüsseler Kunstausstellung Will
Jahr 1851 bildete ein neues grosses Gemälde von Gallait: die Exequien der Leichen
Egmonfs und Horn's, ein Bild, das ebenfalls eine Rundreise durch Deutschland
machte, und an dem man hauptsächlich die Grösse und den Reichthum der Com-
position, die tiefe Auffassung der Charaktere und eine Meisterschaft der Technik
bewunderte, ähnlich der der grossen alten Niederländer und Italiener. Im Jahr 1852
wurde einem anderen Gemälde von ihm, einem höchst ansprechenden Genrebilde:
einen jungen slavischen Musikanten mit seiner Schwester dar-stellend, auf der Berliner
Kxmstausstellung von der allgemeinen Stimme der Preis zuerkannt. In demselben
Jahre noch sah man von Gallait auf der Ausstellung zu Amsterdam: eine ruhende
Zigeunerin mit ihren beiden Kindern, und im Salon zu Paris: die letzten Augenblicke-
des Grafen Egmont, und Tasso im Gefangniss, Bilder, die indessen mehr durch die
eminente Virtuosität der Technik als durch tiefen Gedankengehalt imponirten.
Durch seine eminenten Leistungen hat sich Gallait an die Spitze der belgischen
Malerei gestellt, und er weiss durch wiederholte und sichere Erfolge seinen Ruhm
_ Müller, Künstler-Lexikon. n. 10