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Gärtner, Eduard.
wurde er mit dem Bau der Ludwigskirche zu München (vollendet 1845) betraut.
Diesem prachtvollen Gotteshause schloss sich in unmittelbarer Folge die Errichtung
einer Reihe von Prachtgebäuden an, welche zusammen einen Complex bilden, der
in Wahrheit der Glanzpunkt Münchens genannt werden kann. Wir erinnern hier
nur an das neue Bibliothekgebäude (1831-1842), welches sowohl durch seine im-
posante Fagade, als durch seine ebenso grossartige, wie zweckmässige innere Ein-
richtung alles in dieser Art Gesehene weit hinter sich lässt; das neue Universitäts-
gebäude von so grossartiger Anlage (1835-1840) und das gegenüber stehende
Georgianum; das Damenstift St. Anna (1836-1839); das Fräuleinerziehungsinstitut
(1837-1840); die Salinenadministration (1838-1842); die Feldherrnhalle (1840
bis 1845); das Brunnenhaus im englischen Garten nebst den beiden Brunnen am
Universitätsplatz (1842-1845). Dann wurde 1843 der Wittelsbacherpalast, 1844
das Siegesthor und der neue Friedhof, und 1845 die Villa der Königin vor dem
Siegesthor angefangen. Sämrntliche Gebäude befinden sich zu München. Ausserhalb
der Residenz an der Isar leitete Gärtner 1832-1838 die Restauration des Regens-
burger Dorn's; 1833-1838 den Bau des Kursaals und der Brunnenbedeckung in
Kissingen; des Rathhauses in Zwickau; 1835 des Palastes des Königs Otto zu Athen
(wohin Gärtner in Gesellschaft des Königs Ludwig 1836 selbst eine Reise machte);
1840 des Pompejanurns bei Aschaffenburg; 1842 der Befreiungshalle bei Kehlheim;
1845 die Restauration des Domes in Speier; 1846 den Bau der Villa des Königs in
Edenkoben und 1845-1847 den der protestantischen Kirche in Kissingen. Ueber-
diess lagen bei seinem Tode noch eine Menge fertiger Entwürfe zu verschiedenen
und grossen Neubauten vor.
Wenn eine solche Masse grossartiger Bauwerke als hinreichend erscheinen
dürfte, alle Kräfte, auch des begabtesten Geistes, in Anspruch zu nehmen, so muss
die umfassende und unermüdliche Thätigkeit Gärtners, welche sich noch nach so
vielen Seiten hin wirksam und nutzbringend zeigte , wahrhaft Staunen erregen.
Alle seine Gebäude haben ein gemeinschaftliches Gepräge und fast alle den-
selben Styl, der, hervorgegangen aus den Werken der romanischen Vorzeit, sich
in den modificirten Formen des Alterthums bewegt, und den Rundbogen als Haupt-
kennzeichen an sich trägt. Sie haben etwas Massenhaftes, Kräftiges, Monumentales.
Mag ihnen auch eine feinere Charakteristik der Formen, eine angemessene Entwick-
lung der Gliederungen, überhaupt ein tieferes organisches Leben mehr oder minder
abgehen , so hat Gärtner doch den Fortgang unserer deutchen Architektur zu natio-
naler Gestaltung so wesentlich gefördert, dass seine Thätigkeit immerdar segensreich
fortwirken wird. Dazu kommt sein grosser Sinn für das Zweckmässige, mit dem
er den edelsten Geschmack verband, wie denn die Anlage des Bibliothekgebäudes
in München mit seinem ausgezeichnet schönen Treppenhause"' Muster bleiben wird
für alle Neubauten dieser Art.
Die Akademie der bildenden Künste, zu deren Direktor Gärtner nach Cornelius
Abgang ernannt wurde, verdankt ihm viele zeitgemässe Reformen. durch welche
manchem früher herrschenden Uebelstande abgeholfen und dem Erbübel der Aka-
demien, der uniformen, eklektischen Kunstbildung vorgebeugt Wllfde- Die durch
diese Reformen bedingte Erweiterung und bauliche Einrichtung der Lokalität isp
keines der geringsten Verdienste, welche sich Gärtner um die Verbesserung dieser
Anstalt erworben.
Die Mehrzahl seiner unbeendigt hinterlassenen Werke wurde unter der Leitung
des Bauinspektor KIIIIIIPP , eines Schülers von Gärtner, fortgeführt. die Kehlheimer
Befreiungshalle aber durch den Geheimen Rath v. Klenze, das Siegesthor durch
Oberbaurath Metzger vollendet.
Literatur. Förster, Im Kunstblatt Jahrgang 1847, Nm, 44.
Gärtner, Eduard, ein geschätzter Architekturmaler, der gegenwärtig zu Berlin
lebt und Bilder liefert, die auf den verschiedenen Kunstausstellungen stets Aner-
kennung ünden.
' Abkeb. in den Denkmälern der Kunst. Atlas zu Kuglers Haudb. der Kunatgesch. lV.Bd. Taf.109.