68
Avanzo Veronese.
Kirche Madonna della Mezzaratta bei Bologna, ferner eines Altarwerks in S. Giacomo
Maggiore (vom Jahr 1408) und einiger Tafeln von scharfem und strengem Styl in
der Pinakothek zu Bologna, auch (nach Förster, Kunstblatt Jahrg. 1847, Nro. 10)
der Maler desselben sein könnte.
Avanzo Veronese, Jacopo d', ein Meister, dessen Werke von ganz besonderem
Werth für die Entwicklungsgeschichte der italienischen Malerei in Italien sind, war
neben Orcagna der grösste Nachfolger Giotto's. Er schmückte mit seinem älteren
Kunstgenossen, Aldighiero da Zevio, 1376 die Kapelle S. Felicc in S. Antonio
zu Padua mit Fresken aus der Legende des Jacobus major, und begann im Jahr 1377
die Malereien der S. Georgskapelle ebendaselbst. Unter den Bildern der ersteren
Kapelle sind die Darstellungen; der in das Schloss der Gräfin Lupa. geführte Leich-
nam des Apostels und der Uebertritt der Gräfin sammt ihrem ganzen Gesinde zum
Christenthum, die Erscheinung des heil. Jacob bei dem Könige Ranimirus im Schlaf
und der Sieg des Letzteren unter dem Beistand des Apostels über die Saracenen bei
Clavigium; ferner hinter dem Altar: das Bild der Kreuzigung in drei durch Säulen
geschiedenen Abtheilungen, rechts davon das Votivgemälde der Familie des Stifters
und ein (ganz übermalter) heil. Christoph von Avanzo's kunstgeübter Hand. Aber
erst in den Fresken der Georgskapelle tritt uns die Darstellungsweise des Meisters
in ihrer ganzen Bedeutung entgegen. Dies sind 21 grosse Bilder, welche folgende
Scenen aus der christlichen Geschichte und den Legenden des heil. Georgs, der heil.
Lucia und der heil. Katharina darstellen. An der Rückwand: die Verkündigung;
die Anbetung der Hirtenpdie der Könige; die Darstellung im Tempel; die Flucht
nach Aegypten; an der Altarwand: die Krönung Maria; die Kreuzigung. An den
Seitenwänden, links aus der Geschichte des heil. Georgs: der Kampf mit dem Drachen;
die Taufe des Königs Zevius von Silena und das Votivbild der Familie des Stifters;
Georg trinkt auf Diocletians Befehl den Giftbecher, ohne Schaden; er wird gerädert,
aber nicht getödtet; er soll die Götter anbeten, aber auf sein Gebet stürzen die heid-
nischen Tempel ein; er wird hingerichtet. Gegenüber oben, aus der Geschichte der
heil. Katharina: ihre TVeigerung, die Götter anzubeten; ihr Streit mit den Philo-
sophen; ihr Martyrium auf dem Rad und ihre Enthauptung. Darunter aus der Go-
schichte der heil. Lucia: ihre Verantwortung "vor dem Präfekten von Syrakus; der
Vergebliche Versuch, sie zur Richtstätte zu schaffen; die verschiedenen Anstrengungen
sie zu tödten; die Ausstellung ihres Leichnams. Auch die Decke war früher mit den
Bildnissen der Propheten geschmückt gewesen. Ob auch Aldighiero an diesen
Gemälden Antheil gehabt habe, ist nicht mit Bestimmtheit zu ermessen; unzweifel-
haft aber bleiben sie in der Hauptsache ein Werk Avanzds, selbst wenn ihm andere
Künstler und Gehülfen bei der Durchführung der grossen Arbeit behülflich waren.
In diesem höchst interessanten Bildercyclus steht zwar Avanzo seinen Vor.
gängern Giotto und Orcagna an Poesie der Auffassung, m1 Hoheit und Macht der
Gedanken nach, allein er erreicht sie in der Mannigfaltigkeit und einheitlichen Ab-
rundung der Composition, im lebensvollen Eingehen auf das Vorbild der Natur, und
übertrifft sie und alle seine Zeitgenossen an malerischer Durchführung, an Tiefe,
Reinheit und Vielseitigkeit des psychologischen Ausdrucks, an specieller bis in's
Einzelne durchgeführten Idealisirung, ohne von der idealen Bildung in's POrträtm-tige
zu verfallen. Die Köpfe seiner heiligen Personen sind ungemein schön, und wenn
seine Gestalten, bei aller grösseren Lebendigkeit in der Bewegung, als die Seinen
Vorgänger, noch nicht vollständig durchgebildet erscheinen, sich auch in Seiner Ge-
wandung noch keine weitere Entwicklung bemerkbar macht, so zeigt er dagegen in
der Modellirung, in der Abstufung der Töne, in der Beßbäwllfllllg der Geset-ze der
farbigen Erscheinung und der Perspektive, ja. Sßgßl hin lllld Wieder in dem Streben
nach optischer Illusion, Fortschritte, die den Uebergang von der Kunstweige des 14,
zu der des 15. Jahrhunderts, durch welche die Malerei erst ihrer eigenthümlichen
Bestimmung entgegen geführt wurde, vermitteln.
Andere Werke Avanzds, über dessen Herkunft und Lebensgchigkgale nichts
Näheres bekannt ist, sind untergegangen; so z. B. zwei Triumphzüge im Palast della