Dyck , Anthonie van.
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berufen wurde, um daselbst verschiedene Bilder zu fertigen. Hier blieb er bis zum
3. Oktober 1621, an welchem Tage er nach Italien abreiste und zwar zunächst nach
Genua, wo er eine beträchtliche Anzahl Bilder, namentlich Porträts hoher Personen,
ausfiihrte. Im Jahr 1622 begab er sich sodann nach Rom, wo der Kardinal Benti-
voglio, dessen Porträt er unübertrefflich schön malte, sein Beschützer wurde. Er
vollendete dort ebenfalls mehrere Bildnisse römischer Grossen, copirte auch einige
der bedeutendsten TVerke der grossen Meister, reiste aber dann nach Bologna und
von da nach Venedig, wo er mit Eifer die grossen Coloristen, namentlich Tizian und
Paolo Veronese Studirte , und kehrte 1623 über Mantua wieder nach Rom zurück.
Nach einem abermaligenachtmonatlichen Aufenthalte in letzterer Stadt, ging er zum
zweitenmale nach Genua, reiste aber kurze Zeit nach seiner Ankunft auf den Ruf
des Vicekönigs von Sicilien, Emmanuel Philibert von Savoyen, nach Palermo und
würde sich daselbst, wo er mit Aufträgen überhäuft wurde, gerne länger aufgehalten
haben, wenn die dort ausgebrochene Pest ihn nicht wieder nach Genua getrieben
hätte. Nach einem mehrjährigen Aufenthalte in Italien, woselbst er im Ganzen eine
beträchtliche Anzahl der ausgezeichnetsten Bilder hinterlassen hatte , schiifte er sich
1625 nach Frankreich ein. Er landete am 4. Juli in Marseille, ging von da nach
Aix, besuchte hierauf Paris und kehrte 1626 nach Antwerpen zurück. Sechs volle
Jahre , nur unterbrochen durch einen Aufenthalt im Haag, am Hofe des Prinzen von
Oranien, Friedrichs von Nassau, den er nebst seiner Gemahlin und ihren Kindern
malte, weilte er jetzt wieder im Vaterlande, während welcher Zeit er eine ungeheure
Menge von Bildern, die seinen ohnediess schon grossen Ruhm noch weiter verbreiteten
und steigerten, vollendete. Im Jahre 1632 aber wurde er nach London an den Hof
Karl I. berufen , der den Künstler, nachdem derselbe sein Bildniss und das seiner Ge-
mahlin (noch jetzt in 1Vindsorcastle) mit hoher Meisterschaft ausgeführt, mit Ehren und
Reichthümern überhäufte. Er setzte ihm einen Jahresgehalt von 200 Pfund Sterling nebst
freier Wohnung, und einen bestimmten Preis für jedes seiner Bilder aus, ernannte ihn
zu seinem ersten Hofmaler, verlieh ihm die Ritterwürde und schenkte ihm sein in Dia.-
manten gefasstes Bildniss an grosser goldener Kette. Der übrige Hof folgte dem
Beispiel des Monarchen und beehrte den Künstler mit Aufträgen und Geschenken.
Van Dyck vergalt diese Grossmuth durch rastlosen Fleiss. Er bereicherte England
mit einer ausserordentlichen Menge der ausgezeichnetsten Meisterwerke. Sein reich-
liches Einkommen nährte aber seine Liebe zur Pracht, zu den Genüssen der Tafel und
der Liebe, so dass darunter seine Gesundheit zu leiden begann. Wohlwollende Freunde
entzogen ihn daher dem Strudel der Genusssucht durch Verheirathung mit einer der
schönsten Frauen Englands, Marie Ruthven, einer Tochter des schottischen Grafen
von Gowrie, mit der er 1634 eine Reise nach seiner Vaterstadt antrat, bei welcher
Gelegenheit er zum Vorstand der St. Lucas-Brüderschaft ernannt wurde. Nach Lon-
don zurückgekehrt, war van Dyck wieder ungemein thätig. Allein der politische
Himmel üng an sich mit Wetterwolken zu umhängen. Karl I. gerieth so sehr in
Geldnoth, dass ey dem Künstler den ausgesetzten Jahresgehalt mehrere Jahre nicht
bezahlen, auch die Wände des Bankettsaals in WVhitehall, die van Dyck mit Dar-
stellungen aus der Geschichte des Hosenbandordens Schmücken wollte, nicht malen
lassen konnte. Missmuthig darüber ging der Meister mit seiner Gattin im September
1640 nach Flandern und von dort nach Paris, wohin ihn der Wunsch führte mit der
damals beabsichtigten Ausgchmückllng der Gallerie des Louvre beauftragt zu werden.
Allein König Ludwig XIII. hatte zu diesem Behufe bereits Nicolas Poussin aus
Italien berufen , und ohne seinen Zweck erreicht zu haben, kehrte van Dyck daher
wieder nach London zurück, wo er jedoch 1641 schon krank und erschöpft ankam
und die traurigen politischen Ereignisse, welche bereits die königliche Familie zer-
streut hatten, ihn gewissermassen selbst in Haus und Werkstatt aufsuchten. Diese
Allfregungen und der Verdruss, längst gehegte Entwürfe zu grösseren Malereien für
den König nicht zur Ausführung bringen zu können , zehrte seine bereits durch über-
mässige Arbeit und Genusssucht untergrabenen Kräfte vollends auf. Er starb am
9. September 1641 und wurde im Chor der Paulskirche begraben.