Dürer ,
Albrecht.
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lerischen Talentes, die bewundernswürdige Bestimmtheit der Form und seine kernige,
markige Zeichnung bis zum letzten Striche seiner ileissigen Hand unversehrt treu
geblieben ist. Sein in demselben Jahre in Holz Vollendetes eigenes Porträt zeigt
ihn bereits streng und ernst, wie sein Alter und die inhaltsschwere Zeit mit sich
bringen mussten, abgethan von dem heiteren Tand seiner Lockenfülle, der ihm
früher, wie sich aus seinen Bildern und manchen aufbehaltenen Scherzen ergibt, so
viel werth gewesen war.
Dürer starb am 6. April 1528 und wurde auf dem Johanniskirchhof seiner WIater-
stadt, wo man noch heute sein Grab sieht, beerdigt. Er hinterliess ü. 6000, ein für
die damalige Zeit ansehnliches Vermögen, und einen grossen Schatz von Kunstsachen.
In Nürnberg zeigt man auch noch sein Haus, das in seiner Unscheinbarkeit einen
rührenden Gegensatz zu dem mächtigen Einlluss , der daraus auf die Kunst von ganz
Deutschland ausgeübt worden ist, darbietet, und das Bild von der engen, mit
Arbeit überladenen, durch eine allzu sparsame und rechnende Frau verbitterten Häus-
l-ichkeit des Meisters erst recht vervollständigt. Diese letztere lässt auf der einen Seite
die Kraft und Ausdauer seines Genies, welches trotz solch herber Lebenslage so viel
Herrliches hervorgebracht, im höchsten Maassc bewundern, auf der andern erklären
sich auch aus derselben manche Unschönheiten, Geschmacklosigkeiten, Kleinlichkeiten
und eine gewisse Manier, Welche er in einer Stellung, wie Raphael, abgestreift haben
würde. Ja, überdenkt man die ungeheure Anzahl von Kunstwerken, die Dürer's Genius
hervorgebracht, so ist es um so tiefer zu beklagen, dass er keinen Fürsten, keinen
Leo X. gefunden, oder dass die Reichstadt Nürnberg nicht den Geist italienischer Repu-
bliken besessen, um die mächtigen vereinzelten Strömungenjenes reichen Borns in gross-
artigen Schöpfungen an einem Orte zusammenzufassen. Was wäre aus Albrecht Dürer,
was aus der deutschen Kunst geworden, wenn ihm ein Wirkungskreis eröffnet ge-
wesen wie seinen glücklicheren Zeitgenossen Raphael und Michelangelo! Zum
Kaiser Maximilian I. stand zwar Dürer in sehr naher Beziehung, und er ward bei jeder
Gelegenheit von ihm ausgezeichnet. Den Degenknopf wie das Gebetbuch musste er
ihm VeTZieTeIh llaßlfAugsburg zum Reichstag kommen und ihn "in seinem kleinen
Stübli hoch oben auf der Pfalz" abconterfeien. Aber es iiel dem Kaiser nicht ein,
dem Genius einen grösseren und weiteren entsprechenden Wirkungskreis zu eröifnen.
Und wie wenig die Nürnberger dazu beitragen, ihm einen solchen zu verschaffen,
geht daraus hervor, dass ihm der Magistrat die von dem Kaiser selbst bei demselben
für ihn nachgesuchte Befreiung von den städtischen Abgaben nicht einmal bewilligte,
noch mehr aber aus folgendemStellen eines Briefes des armen Dürer's vom Jahr
1525 an den Rath von Nürnberg: "Vnd nemlich so wissen ewer Weisheit wj gehor-
sam, Willig vnd geiiissen Ich mich -bis her In allen ewer Weisheit vnd gemeinen
stat sachen alle Mall ert-zeigt, vnd for andern iiln sondern pschonen (Personen) des
Iatz (Raths) und In de gemeine allhij wo sij meiner hillf, Kunst vnd arbeit bedürft,
mer vmsonsfg. (um vm gelt gedient hab, awch Wij Ich Mit Worheit schreiben mag,
die treissig Johr so Ich zw haws gesessen bin In diser stat Nit vmb fünfhundert
gulden arbeit das je ein gerings und schimpiiichs, Vnd dannacht von demselben nit ein
fünffteill gewinvng ist, gemacht, Sunder alle mein armuth dij mir weis gott sawer ist
wordn, vm Fürschten hern vnd ander frembde psonen verdint vnd erarnt." Weiter
Schreibt- PYI altem so haben Mich dy herschaft von Venedig vor neunzehn Joren be-
stellen vnd alle Jor zweihundert Dugaten provision (Gehalt) geben RVOUEII"; fefllßTi
"desgleichen hat mir der rat zu antorif (Antwerpen) bey kurtzer tzeit als Ich Im
Niderland war, alle Joy dreyhnndert Filibs gulden besoldung geben, Mich bey Inen
frey setzen, mit einem Wollerbawten haus Vereren , Vnd darzu an beden ortn Alles
das so Ich der herschoft machet Insbesonders betzaln Wölln." "YVelchs alles"
schliesst Dürer „Ich aws sonder lib und Neygung so Ich zu ewer erbern Weisheit,
Awch diser erbern stat als Ineinelll Vatt-erlant getragen, abgeleint (abgelehnt), Vnd
mer erweht (lieber erwählt) hab bey ewer Weisheit in einem ziemlichen Wesen zw
leben, dann an andern ortn reich Vnd gross gehalten zwerden." Erst die Nürnberger
unserer Tage wussten durch die grosse, in der Nähe der Sebalduskirche seiner Vater-