Dürer ,
Albrecht.
513
von ihm so genannten Thomas Polonius, einem Schüler Raphaels, der Dürer's
Bild malte, in vielfache freundschaftliche Berührung. Ebenso wichtig aber erscheint
seine Bekanntschaft mit vornehmen Kauf- und Handelsherren, und zwar nicht aus
Deutschland allein , sondern auch aus Italien , Portugal u. s.w. , durch welche er auf
die mannigfachste Weise mit Sitten, Trachten und Erzeugnissen ferner Länder und
Welttheile bekannt gemacht wurde. Von grossem Belang für ihn wurde ferner die
Bekanntschaft mit Erasmus von Rotterdam, den er zu Brüssel, wo Karl V. Hof hielt,
aufgesucht und der, näher mit der Umgebung des Kaisers vertraut, für ihn die Bitt-
schrift an diesen um Fortdauer seines Ehrensoldes abfasste und nach Kräften unter-
stützte, so dass Dürer schon "am Montag nach Martini 1520 die Bestättigung als
kaiserlicher Hofmaler" erhielt, was indessen nicht verhindern konnte, dass sich die
erste Auszahlung seines Gehalts bis in den Herbst 1527 hinauszog. Von Brüssel
folgte Dürer dem kaiserlichen Hoflager nach Antwerpen, nach Aachen zur Kaiser-
krönung und nach Köln, dann wieder zurück nach Mecheln, wo ihm Frau Margarethe,
die Statthalterin der Niederlande, alle ihre Kunstschätze selbst zeigte, wie ihm über-
haupt bei jeder Gelegenheit die grössesten Gunst- und Ehrenbezeugungen zu Theil
wurden. Trotz aller dieser erhebenden Anerkennung musste er jedoch die bittere
WVahrnchmung machen , dass die vornehmen Herren und Damen die Werke der Kunst
als eine Waare betrachteten, die sie gerne besitzen möchten, aber ungerne bezahlen.
So kam es , dass er am Schlusse seines einjährigen Aufenthaltes in den Niederlanden,
wo er viel gearbeitet und fast alle seine Kupferstiche und Holzschnitte abgesetzt
hatte, am Peter- und Paulstag 1521 zu Antwerpen in sein Tagebuch schreiben
konnte: „Icl1 hab in allen meinem Machen, Zehrungen, Verkaufen, und anderer
Handlung Nachtheil gehabt im Niederland, in all meinen Sachen, gegen grossen und
niedern Ständen, und sonderlich hat mir Fraw hlargareth für das ich ihr geschenkt
und gemacht hab, nichts geben." Doch widerfuhr ihm noch vor der Abreise aus
Antwerpen die Ehre, dass der König von Dänemark, Christian 11., der den Kaiser zu
besuchen kam, Dürer zu sich rufen liess , zur 'l'afel lud, sich von ihm zeichnenyliess,
ihn hierauf mit nach Brüssel nahm, woselbst er sein Porträt in Oel malen musste,
dann ihn zu dem g-rossen Banquett zog, dascr dem Kaiser und der Statthalterin
der Niederlande gab, und für seine Dienste königlich belohnte. Aller dieser Gunst-
bezeugungen, der Geschenke der Portugiesischen Gesandten an Aifen, Papageien,
ausländischen Scltenheiten und Zucker unerachtet, war Dürer jedoch nicht so viel
Geld übrig geblieben, um mit den Seinigen nach Nürnberg zurückreisen zu-können.
Er musste, um die Heimreise bestreiten zu können, noch 100 Goldgulden bei Alex.
Imhof, seinem Landsmann, entlehnen-
Unter den Arbeiten während seines Aufenthalts in den Niederlanden kennt man
namentlich eine grosse Anzahl gezeichneter Bildnisse vornehmer Personen, Kunst-
genossen u. die in verschiedenen Sammlungen zerstreut sich Enden und von denen
man eine grössere Anzahl in den künigl. Kunstsammlungen zu Berlin sieht. Sodann
besitzt die Gallerie des Belvedere zu Wien ein merkwürdiges Gemälde vom Jahr 1520,
das auffallend von seinen übrigen Arbeiten abweicht; es hat in der Technik und Auf-
fassung; eine unverkennbare Aelmlichkeit mit den TVerken der gleichzeitigen Nieder-
ländßf (llanlentlich des Schoreel) und ist wahrscheinlich auf der Reise, unter dem
Einlluss der neuen Umgebungen, entstanden. Es stellt Maria, halbe Figur im Pelz-
111311191, das nackte Kind, das eine Bernsteinschnur umgenommen hat, auf dem
Schoosse dar, auf dem grüneif Tisch vor ihr eine angesehnittenc Zitrone. {In dem
Kopfe der lllaria liegt etwas eigent-hünllich Weiches und Mildes, das Kind ist jedoch
nicht sonderlich schön. Ferner stammt aus dem Jahr 1521 ein männliches Bildniss
mit pelzgefüttertem Kleide (in der Dresdner Gallerie), das für ein Porträt des
Lucas von Leyden gehalten wird; auch soll Dürer um diese Zeit den mit seinem
hlonogramm bezeichneten, sehr schönen elfenbeinernen Schaft einer Armbrust ge-
schnitzt haben , welcher in der Ambraser Sammlung zu Wien aufbewahrt wird.
Trotzdem dass Dürer fast zwei Jahre in den glänzendsten Verhältnissen gelebt
hatte, mit Königen zu Tische gesessen, kehrte er dennoch mit unvergleichlichem
Müller, Künstler-Lexikon. 33