Dürer ,
Albrecht.
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lose Copie in St. Sebald zu Nürnberg.) Ferner das mit Leimfarben tüchtig gemalte
Porträt eines Gelehrten in der Münchner Pinakothek. Ueber die Aechtheit eines
Bildes: Maria, Anna. und das schlafende Christkind , ehemals in der Gallerie zu
Schleissheim (jetzt im Besitz des Bildhauers Entres in München), herrscht selbst unter
competenten Richtern derzeit noch Meinungsverschiedenheit.
Interessanter als der grösste Theil der obenerwähnten Bilder sind verschiedene
in Kupfer gestochene Blätter, auf die wir im Verlaufe der geschichtlichen Abhandlung
über unsern Meisters stossen. Mit der Jahrszahl 1513 ist nämlich der unter dem
Namen: Ritter, Tod und Teufel bekannte und berühmte Kupfersticht bezeichnet, die
bedeutendste Produktion der eigenthümlich phantastischen Richtung der deutschen
Kunst in jener Zeit, von höchst meisterhafter Ausführung. Es ist die Darstellung
eines Ritters, der furchtlos, in unerschütterlicher Festigkeit einsam durch ein iinsteres
Thal reitet, in welchem ihm die furchtbarst-en Dämonen zu Leibe rücken, welche die
menschliche Brust beherbergt, die Grauengestalt des Todes und das sinneverwirrende
Scheusal des Teufels. Wahrscheinlich der Buchstabe S. neben der Jahrszahl und
dem Monogramme des Meisters auf dem Bilde scheint auch dafür zu sprechen hat
Dürer unter dem Ritter ein Porträt des Franz von Sickingen geben wollen. Dasselbe
Datum tragen: das Schweisstuch Christi, von zwei Engeln gehalten, und Maria,
rechts unter einem Baume, das Kind liebkosend, zwei sehr schöne Blätter.
Aber nicht nur auf Pinsel, Grabstichel, welche mit seiner Hand wie verwachsen
schienen, und gelegentlich auf das Messer des Formschneiders beschränkte sich der
künst-lerische Drang des Meisters, auch der Bildhauerkunst wandte er sein Augen-
merk zu, und während sein Geist neuen grossen Entwürfen nachsann, spielte in den
spärlichen Stunden der Erholung, nach den Anstrengungen des Tagewerks, seine
Hand mit dem bildsamcn YVachs, und er modellirte Porträtmedaillons oder schnitzte
aus Holz, Elfenbein und Speckstein zierliche Figürchen und Reliefs , die sich stimmt-
lich durch geistreiche Leichtigkeit der Behandlung auszeichnen. Es gibt eine grosse
Anzahl derartiger Arbeiten, die ihm zugeschrieben werden, von denen aber freilich die
wenigsten Anspruch auf Aechtheit machen können. Als sichere Schnitzwerke seiner
Hand dürften jedoch zu betrachten sein: die Predigt Johannis , Hautrelief in Speck-
stein, in der Sammlung zu Braunschweig; zwei Holztäfelchen mit Madonnen aus den
Jahren 1513 und 1516 (ehemals im Besitz des H. Boisseree in München); zwei kleine
in Holz geschnitzte Statuen, Adam und Eva, mit der grössten Feinheit und Zartheit,
durchaus frei von aller Manier im edelsten Dürefschen Geiste ausgeführt, im herzogl.
Kunstkabinet zu Gotha; das als Caniee behandelte Porträt des Kaisers Maximilian I.
in Elfenbein in der Sammlung von Elfenbeinschnitzwcrken in München. Endlich das
in Buchs geschnitzte Relief „der Liebeslironncn", ein Stückchen aus der phantasti-
schen Romantik seiner Zeit, der Meister Albrecht auch zuweilen huldigte , mit dem
Monogramm und der Jahrszahl 1511 (im Besitz des Freih. von Pahn in Mühlhausen
am Neckar).
Im Jahre 1514 starb Dürefs Mutter nach langjähriger Krankheit und die
AeHSSeTUng seiner Bet-rübniss darüber in einer fragmentarisch auf uns gekommenen
Handschrift ist der Ausdruck der frömnisten kindlichen Liebe und Dankbarkeit. Um die-
selbe Zeit knüpfte sich auch eine Verbindung zwischen ihm und Raphael an, der ihn
früher schon durch seine geschnittenen und gestochenen Blätter kennen gelernt hatte,
und beim Anblick von einigen derselben gesagt haben soll; "Wahrlich dieser würde
uns alle iibertrelfcn, wenn er, wie wir, die grossen Meisterwerke der Kunst vor Augen
hätte l" Dürer schickte dem göttlichen Meister aus Urbino sein auf das feinste linnene
oder baumwollene Zeug in Wasserfarben äusserst ileissig ausgeführtes Bildniss , das
nach Raphaels Tod dem Giulio Romano zufiel, der es nach Mantua brachte, wo
es noch lange Zeit zu sehen war. Raphael sandte Dürer dafür als Gegengeschenk
einige Handzeichnungen, von denen noch eine in der Sammlung des verstorbenen Erz-
herzogs Karl in Wien zu sehen ist, auf der von Dürefs Hand geschrieben steht;
„l515. Raphaell di Urbino der so hoch peim pobst geachtet ist gewest der hat dyse
' Abgebildet in den D enkmälern der Kunst. Atlas zu Kuglers Handb. der Kunstgesch. Taf. 83 A, Fig. 8.