Dürer ,
Albrecht.
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mit derselben bezeichnet sind. Endlich führte er in diesem Jahre auch das schöne
Specksteinrelief mit der Geburt Johannes des Täufers im Kupferstichkabixiet des
britischen Museum zu London (bez. mit seinem Monogramm und der Jahrszahl 1510)
aus, eine Arbeit von bewundernswürdiger Vollendung, Wahrheit und Ausdruck in
den Köpfen.
Im Jahr 1511 gab sodann Dürer drei grosse Reihenfolgen von Holzschnitten heraus,
welche zum grösstcn Theil, wie die Jahresbezeichnungen auf einzelnen Blättern er-
geben, schon in den beiden vorangegangenen Jahren entstanden waren: die grosse
und kleine Passion und das Leben der Maria. Diese Werke gehören zu dem Vorzüg-
lichsten, was von Dürefs künstlerischen Arbeiten auf unsere Zeit gekommen ist. In
ihnen treten fast mehr als irgendwo die Andeutungen eines lebendigen Gefühls für
Schönheit, Adel und einfache YVürde hervor, während die Elemente phantastischer
und gcnieinbürgerliclier Auffassung mehr eine untergeordnete Stelle einnehmen. Auch
werden sie zu jeder Zeit als Muster beseelter Technik gelten. Die schönsten der
12 Blätter der grossen Passion sind: das Titelblatt, Christus, der mit der Dornen-
krone auf einem Steine sitzt und von einem Kriegsknechte verhöhnt wird; die Kreuz-
tragung; Christi Höllenfahrt; die Trauer um den Leichnam Christi. Unter den 3T
Blättern der kleinen Passion (deren Platten erhalten sind und im britischen Museum
zu London verwahrt werden) sind die vorzüglichsten: der Abschied Christi von seiner
Mutter"'; die Fusswaschung; Christi Gebet am Oelberg, eine Darstellung ebenso voll
der höchsten Würde und Schönheit, wie des tiefsten, innigsten Gefühls; Christus, wie
er nach der Auferstehung der Mutter in ihrem Gemache, und wie er der Magdalena
im Garten erscheint, Compositionen von eigenthümlicher Anmuth und schlichter Schön-
heit. Zu den t-refflichsten der aus 20 Blättern bestehenden Folge von Darstellungen
aus dem Leben der Maria, in welchen uns der Meister die zarteren häuslichen und
gesellschaftlichen Verhältnisse des Lebens in einer LiehßIlSiViiTdigkQiiß Vüffiihrt, die
wenig ihres Gleichen hat, gehören: die goldene Pforte; die Geburt der Maria; die Be-
schneidung; die Flucht nach Aegypten: der Aufenthalt der heil. Familie in Aegypten;
der Tod der Maria, eine der ausgezeichnetsten Compositionen des Meisters. Eine
grosse Anzahl dieser, sowie auch anderer Blätter des Meisters wurde wegen der
reichen Phantasie, die darin waltet, der durchdachten und feingefühlten Composition,
der Anmuth in den Linien 111111 Bewegungen, dem Ausdruck in den Köpfen und Ge-
stalten nicht sowohl von Stechern, von Marc Anton, Agostino Veneziano u. A.
in Kupfer gebracht und in Italien verbreitet, als von verschiedenen Nachfolgern
Dürefs diesseits und jenseits der Alpen theils ganz, theils mit Benützung einzelner
Motive in Farben ausgeführt. Mit der Jahrszahl 1511 sind indessen auch noch
einige andere meisterhafte Blätter des Künstlers bezeichnet: die heil. Dreieinigkeit,
wiederum eine der schönsten Compositionen Dürefs; Madonna. mit dem Kinde, von
dem heil. Johannes dem Täufer und dem heil. Bruno umgeben; die heil. Familie, links
der alte Joachim mit dem Rosenkranz; Maria mit dem Kinde, das eine Birne hält;
die gabenbringenden drei Könige; der heil. Christoph und die Messe des heil. Gregor.
In (ließe an künstlerischen Produktionen schon überaus reiche Zeit (1511) fallt sodann
auch noch eines der bedeutendsten Gemälde des Meisters , die Darstellung der Drei-
faltigkeit inmitten der Heiligen und Seligenß" Dieses für die Kapelle des Landauer-
bfiidßfhailses Zu Nürnberg gemalte Bild (lith. von Julie Mihes), auf dem Dürer in
einer ECKE Wieder sich selbst in prächtigem Pelzmantel, zu seinen Füssen eine Tafel
mit 59T Inschrift: Albertus Durer Noricus faciehat anno a virginis partu
1511 anbrachte, ist in der Auffassung erfüllt von tiefem glaubenstreuem und ver-
SiialldßSSßhaffem Eindringen in das Dunkel des Mysteriums, in der Anordnung gross
und Wirkungsvoll, im Ausdruck fromm und innig, in der Zeichnung frisch und kernig,
in der AIlSfiihTIIIIg meisterhaft und in wunderbarster Feinheit, lasurartig behandelt.
Selbst der Faltenwurf ist grossartig und die Gestalten der Dreieinigkeit sind würdig und
schön. Allein man vermisst nicht nur fast durchgängig die höhere Auffassung des
Abgebildet in den D enkmälern de: Kunst.
Ebeudaselbst. Taf. 83 A, Fig. 3.
der Kunstgesch.
Atlas zu Kuglers Hlandb.