Düref ,
Albrecht.
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barung Johannis, in denen wir Dürer bereits in hoher und eigenthümlicher künst-
lerischer Vollendung erblicken. Vollorigineller Poesie, in grossartigster Conception
und mit hoher Kraft der Darstellung treten uns hier jene mystischen Visionen des
Evangelisten in lebendiger körperlicher Gestalt vor Augen. Mit der Jahrszahl 1499
ist sodann das Bildniss des Oswald Krel in der Münchner Pinakothek bezeichnet,
dessen Hintergrund ein rother Teppich und die Aussicht auf eine Landschaft bildet.
Während solcher Thätigkeit konnte er sich vom Umgange mit seinen Kunst-
genossen zu Nürnberg, bei aller Bescheidenheit doch nur wenig Förderung ver-
sprechen. Uni so mehr Einfluss übte dagegen auf sein Leben sowohl als auf seine
Werke ein Mann, der, ausgezeichnet durch wissenschaftliche Bildung im Geiste der
Zeit, durch Vermögen und Rang, im Jahre 1497 von einem längeren Aufenthalte im
Auslande, namentlich von den Universitäten Bologna und Pavia, wo er Begeisterung
für die Kunst und das neuerwachte Studium des Alterthums in sich cingesogen, nach
Nürnberg zurückkam, dort bald eine bedeutende öffentliche Stellung einnahm und
in inniger Zuneigung seinem künstlerischen Freunde Dürer eine bis an und über das
Grab hinaus treu bewährte Liebe weihte Willibald Pirkheimer.
Vom Jahre 1500 sind uns verschiedene Gemälde Dürer's bekannt. Das erste und
bedeutendste ist sein eigenes Porträt in der Münchner Pinakothek, welches ihn gerade
von vorn, die Hand an den Pelzbesatz des Kleides gelegt, darstellt, und die Nachricht
gleichzeitiger Schriftsteller bestätigt, dass Dürer einer der schönsten Männer gewesen.
Dasselbe verräth auch ein gewisses naives Wohlgefallen an der eigenen, allerdings
herrlichen Persönlichkeit und zeigt den Meister, der noch auf jenem Bild in den
Ufüzien als gutmüthiger harmloser Jüngling erscheint, zum Manne gereiftf" Seine
Züge sind voll und kräftig, haben den Ausdruck eines durchgebildeten Charakters
voll Adel und YVürde gewonnen, Stirn und Auge geben das Zeugniss eines ernsten,
tiefdenkenden Geistes. Es ist vortrefflich gezeichnet und modellirt und beispiellos
ileissig ausgeführt (mit seinem Monogramm und der Jahrszahl bezeichnet). Ein
zweites Gemälde aus demselben Jahre ist ebenfalls in der Pinakothek: das tüchtig
gemalte Porträt eines jungen Mannes, von einfachem entschiedenem Charakter, das
früher für das Bildniss seines Bruders Johannes galt. Ein drittes Bild ebendaselbst,
die Trauer um den Leichnam Christi darstellend, ist, obgleich dasselbe wohlgeordnet
und die Gestalt der Maria anziehend und von einer gewissen mütterlichen Würde
beseelt erscheint, minder bedeutend und von sehr gewöhnlichem bürgerlichem Charak-
ter in den Köpfen. Mit seinem Monogramm und derselben Jahrszahl bezeichnet,
sieht man ferner im Landauerbrüderhause ein geistreich componirtes Temperagemälde:
Herkules erlegt die Harpyen. Eine reiche und höchst bedeutende Composition der
Kreuzigung auf grauem Papier, Weiss gehöht (im Besitz des Hrn. P. Vischer in
Basel), trägt das Datum 1502 , in welchem Jahre Dürefs Vater starb , nach dessen
Tod er seinen jüngsten Bruder und seine verlassene fromme Mutter zu sich in sein
Haus aufnahm. In der Gallerie des Belvedere zu Wien befindet sich eine Maria,
Welche das Kind saugt, vom Jahr 1503, sehr leicht und zierlich gemalt, aber im Aus-
druck und in den Formen uninteressant. Dieselbe Jahrszahl tragen: ein kleiner
Kupferstich, die am Zaun sitzende und saugende Maria; das vorzügliche Blatt: das
Wappen mit dem Todtenkopfe; die Tuschzeichnung eines lebensgrossen männlichen
Kopfes Illiß Kapuze; zwei weibliche Köpfe in der Kupferstichsammlung zu Berlin,
sowie die sehr schöne Federzeichnung einer Abnahme vom Kreuz (ehemals in der
Villa Aldobrandini zu Rom). Im Jahr 1504 malte er für Friedrich den Weisen die
,Anbetung der Weisen, ein Bild von ausserordentlicher Leuchtkraft der Farbe (ehe-
mals in der Allerheiligenkirche zu Witt-enberg, jetzt in den Uiiizien zu Florenz) und
für NV. Pirkheimer den Tod der Gattin dieses seines Freundes, umgeben von ihrem
Gemahl, Mönchen, welche ihr die letzte Oelung ertheilen, und Frauen, ein für die
Kunstgeschichte sehr wichtiges Bild, Weil es eine der Scenen aus dem Familienleben,
welche bisher nur als schüchterne Episoden auf den Darstellungen heiliger Geschich-
ten ein bescheidenes Plätzchen im Hintergrund gefunden, zum alleinigen Gegenstand
' Abgebildet in den D enkmäl ern der Kunst- Atlas zu Kuglers Handb. der Kunstgesch. Taf. 88A, Fig. 1.