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Dou.
eines Glasers und empiieng den ersten Unterricht in der Kunst, wozu er frühzeitig Ge-
schick zeigte, durch den Kupferstecher Barth. Dolendo. Später kam er zu dem Glas-
maler Kouwhoorn in die Lehre , in dessen Werkstätte er aber binnen kurzer Zeit
seine Genossen und selbst den Meister übertraf, wesshalb sich der Vater entschloss,
ihn 1628 in Rembrandts Schule zu schicken, in der er drei Jahre blieb und sich
zu einem ausgezeichneten Künstler heranbildete. Von diesem Meister scheint er
auch vornehmlich die Richtung auf eine harmonische Behandlung und Durchbildung
des Helldunkels empfangen, aber frühe schon dessen phantastisches und effektvolles
XVesen verlassen zu haben, um sich eine ganz eigenthümliche Darstellung zu bilden,
in der er mit jenen Vorzügen seines Lehrers die äusserste Delicatesse der Ausführung
verband, ohne indessen, selbst bei der höchsten Feinheit, in Aengstlichkeit oder
Befangenheit zu verfallen. Die Gegenstände, welche er dazu wählte, gehören
meistens dem engen Kreise des gemüt-hlichen Verkehrs der Familie an. Er schildert
die Poesie der schlichten, stillen Häuslichkeit, eines friedlichen und freundlichen
Gewohnheitslebens mit all den mannigfaltigen Nebendingen, die , den Geist der Ord-
nung und Sorgfalt athmcnd, der selbst dem Leblosen Werth leiht und, auf die Be-
wohner zurückstrahlend, ein Band des Wechselverkehrs zwischen dem Hause und der
Familie bildet, zierlich zusammengestellt sind und in der Regel einen bedeutenden
Theil des Bildes einnehmen. Oft ist dieses heimliche gemüthliche Leben durch abend-
liches Dunkel und Kerzenbeleuchtung noch mehr hervorgehoben und Dou wusste
dann diese Lichtelfektc mit höchster Meisterschaft darzustellen. So sehr sich nun
aber einzelne dieser Bilder in den niederen Klassen der Gesellschaft bewegen, indem
sie Hausmägde, Verkäuferinnen täglicher Bedürfnisse u.s. w. darstellen, so Wenig
lindet man in ihnen eine Hinneigung zum Burlesken. Ebensowenig lag jedoch auch
die Darstellung des Lebens der feineren Salons, poetischer Gestalten, überhaupt
idealer oder religiöser Gegenstände in dem Bereich seiner eigenthümlichen Richtung;
ja, wo er über die gemüt-hliche Stille kleinbürgerlicher Häuslichkeit hinausgeht, wird
er weniger anziehend, da der Ausdruck geistigen Inhalts immer mehr oder minder
hinter den technischen Verdicnsten zurückbleibt, und der Ilauptwerth seiner Bilder
gerade auf der Uebereinstimmung des Gedankens mit der ungeheuren Vollendung der
Ausführung beruht. Nie soll er einen Gegenstand, und wäre es die nnbedeutendste
Nebensache gewesen, ohne Modell gemalt, sich auch zur Erleichterung seiner Arbeit
eines Netzes oder eines Verkleinerungsspiegels bedient haben. Ja, man erzählt über
seine ausserordentliche Genauigkeit in der Nachbildung die Anekdote, dass ihn ein
blosser Besenstyl eine dreitägige Arbeit gekostet, was indessen in Beziehung auf
die damit zugebrachte Zeit gegen die Wahrscheinlichkeit streitet, wenn man die
bedeutende Anzahl der von ihm gemalten Bilder in Betracht zieht. Man findet dess-
halb in allen seinen Bildern neben den schon gerühmten Vorzügen eine merkwürdige
Naturtreue, ein lebendiges, harmonisches Colorit von tiefem klarem Goldton, ein
zauberhaftes Helldunkel und eine höchst wirkungsvolle Beleuchtung.
Unter seinen Schülern zeichneten sich besonders; Sßhililkßn, Mieris und
Metzu aus.
Gerard DouÜs Bilder waren schon während der Zeit ihrer Entstehung sehr ge-
sucht. Er selbst verlangte für ein solches 600 bis 1000 holländische Gulden und
ein warmer Kunstfreund und sein Gönner, Namens Spieringßf, soll dem Künstler jähr-
lich 1000 ll. bezahlt haben, nur um immer das Recht der Auswahl der von ihm aus-
geführten Gemälde zu besitzen, deren jedes ausgewählte er ausserdem gleich den
anderen Käufern honorirte. Die Preise stiegen mit der Zeit und eines derselben , die
WVassersüchtige im Louvre zu Paris, wurde vom Kurfürsten von der Pfalz um
30,000 tl. erkauft. Trotz dem hohen Werthe, in welchem diese Bilder heute noch
stehen , dürfte doch schwerlich eine Sammlung holländischer Kabinetsbilder zu finden
sein, in der nicht ein oder ein Paar derselben als vorziiglichste Zierde aufbewahrt
werden. Dann sind die öffentlichen Gallerien seines Vaterlandes, die bedeutendsten
deutschen und englischen Sammlungen, das Louvre in Paris u. s. w.' reich an diesen
kleinen Schätzen.