Volltext: A - E (Bd. 1)

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Delacroix, Augusts 
Delacroix , Eugäne. 
im Jahr 1855 auf der grossen Kunstausstellung ebendaselbst: den Tod der h. Monica 
und ein Opfer der Hygiaea. 
Delacroix, Auguste, geb. zu Boulogne sur Mer, ein französischer Marinemaler, 
der auf der grossen Kunstausstellung zu Paris im Jahr 1855 einige hübsche See- 
stücke ausgestellt hatte, von denen besonders ein Sturm sehr wohl gefiel. 
DGIEOIOiZ, Eugene , geb. in Charenton Saint Maurice, ein äusserst begabter und 
geistvoller französischer Historienmaler zu Paris, 'der anfänglich in Gericaultfs 
Schule ging, aber später, als er sich künstlerisch hinlänglich erstarkt fühlte, der 
älteren klassischen Schule David's mit der grössten Entschiedenheit entgegen trat, 
und der kühne Vorkämpfer einer neuen romantischen Richtung wurde, zu der ihm 
schon sein Lehrer den Uebergang vermittelt hatte. Sein Streben ging zunächst auf 
frappante Darstellung des augenblicklichen Lebens, des lyrisch Ergreifenden, des 
Ausserordentlichen, oft auch des Schauerlichen, Entsetzlichen, fnrchtbarer Kata- 
strophen des Schicksals, oder menschlicher Leidenschaften, durch scharfe Kontraste 
in den Motiven, im Ausdruck und in der Beleuchtung, durch eine imponirende Wirkung, 
und er hat seit seiner 1824 ausgestellten Mordsscene auf Chios, die so grosses und 
tief einschneidendes Aufsehen unter seinen Landsleuten erregte, unermüdlich dahin 
gewirkt, seiner Richtung Eingang zu verschaffen und auch durch zahlloseiSchöpfnngen 
einen unberechenbaren Einfluss auf den Geschmack und die künstlerische Anschauung 
seiner Zeitgenossen ausgeübt. Es gibt aber auch keine Gattung der Malerei bis zum 
Stillleben herab, in der er sich nicht versucht; alle Länder und alle Himmelsstriche 
hat er im Geiste durchwandert; Griechenland's und Rom's Geschichte, das Mittelalter, 
die Gegenwart, Alles ist ihm zinsbar; das alte und das neue Testament, Dante, 
Shakespeare, Göthe, Byron, Walter Scott sind die Fundgruben, aus denen er das 
Gold seiner Poesie zu Tage fördert. Nichts kommt der Lebhaftigkeit seiner Ein- 
bildungskraft gleich, nichts der Gewandtheit, mit der sein Geist jedem Stolfe die 
darstellbare, die ergreifende und hinreissende, die grosse und bedeutungsvolle Seite 
abzugewinnen weiss, nichts der zügellosen Energie, mit der er ihn behandelt. In 
seinen Bildern ist Alles Leben und Bewegung, der Ausdruck ist sprechend und wahr, 
die Charaktere sind würdig, die Stellungen ungesucht und angemessen. Dazu kommt, 
und diess ist die hervorragendste Seite seines Talentes, eine harmonische, gesättigte, 
kraftvolle Färbung von unbeschreiblichem Reiz und von magischer Wirkung, ein 
Colorit, das selbst in den kühnsten und wildesten Farbenkontrasten, selbst in der 
Disharmonie das grosse Talent verräth, dessen grosse Eigenschaften jedem seiner 
Gebilde Styl und Haltung verleihen. Dabei bleibt Delacroix, trotz mancher zerstreu- 
ten Anklänge an P. Veronese, an Rubens und van Dyck, doch immer 81' Selber, 
verschieden von allem Dagewesenen. Dieser glänzende Verein von Vorzügen wird 
aber durch eine Menge von Flecken verdunkelt, die seine Bilder für eine gTOSSe An- 
zahl von Beschauern geradezu ungeniessbar machen. Es sind diese: eine auffallende, 
unverantwortliche Vernachlässigung der Zeichnung, eine oft sogar zurückschreckende 
Hässlichkeit, der häufig allerdings nur angedeuteten Köpfe; störende VePStöSse gegen 
die Verhältnisse der Glieder zum Körper; llngestaltete Hände und Füsse und eine bald 
unsaubere, bald gequälte Ausführung. Es fehlt seinen Werken durchweg an Er- 
habenheit, höherem Styl und Eleganz, aber nie an Kraftgenialischem, an schlagender, 
poetischer Wirkung. Oft kann man vor ihnen, neben der Anerkennung des wahrhaft 
Schönen, das Gefühl des Schauerlichen nicht unterdrücken, und doch versöhnt er 
zugleich wieder durch rührende, der Natur abgelauschte Züge und ein mächtiges 
Gefühl des Ensembles 
Vor jenem erwähnten Blutbad auf Chios hatte Delacroix schon 1822: Dante 
und Virgil über den See der Höllenstadt fahrend (im Palast Luxemhourg), ein Gebilde, 
das den Beschauer selbst wie eine phantastische Fabel anstarrt, gemalt und jenem 
folgte nun 1827 sein: Tod des Dogen Marine Falieri, und Kaiser Trajan, seine 
Gesetze niederschreibend; dann 1828 sein Schauder erregender; Sardanapal, der 
auf dem Scheiterhaufen, in einem Luxusbette liegend, Frauen, Pagen, Hunde und 
Pferde erwürgen lässt, ein höchst bizarres Bild, das aber bei allen Fehlern das unver-
	        
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