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David, Jacques Louis.
nicht unbebaut. Er begann seinen Leonidas in den Termopylen (im Louvre zu Paris,
gest. v. Lau gier) , der indessen erst 1814 vollendet und von ihm 1819, sammt seinen
Sabinerinnen , um die Summe von 100,000 Franken (für jedes Bild) verkauft wurde.
Auch behandelte er das Fach der historischen Porträtmalerei und sein Bildniss Pius VIL,
im Jahr 1805 in Paris gemalt, gehört, was grossartige historische Stylistik, edle und
wahre Auffassung, feine Zeichnung, meisterliche Modellirung, t-reffliche Behandlung
und Harmonie und Klarheit des Colorits betriilt, zu seinen ausgezeichnetsten Erzeug-
nissen, ja nimmt als solches selbst einen höheren Rang ein als seine historischen
Gemälde. Von den ihm vom Kaiser bestellten Prunkgemälden kamen indessen nicht
alle zur Ausführung. Er stellte Napoleon im Kaiserornat dar, malte das sehr grosse
und iigurenreiche Gemälde seiner Kaiserkrönung (1808) und die Vertheilung der
Adler an die Armee (1810). Sein Porträt Napoleonjs auf wildbäumendem Pferde als
General der italienischen Armee, mit der erhobenen Rechten über die Spitzen der
Alpen hinausdcutend, die er zu übersteigen im Begriff steht, ist ein Bild von gross-
artigem Charakter und von merkwürdiger Gewalt des Eindrucks. (Dieses Gemälde,
von dem mehrere Wiederholungen existiren, kam später als Siegesbeute nach Berlin
und befindet sich noch daselbst im Königs-Schlosse.) Trotz all der Achtung und aus-
gezeichneten Gunst, die David beim Kaiser genoss, blieb er doch, ein Mann von
unbeugsamem Charakter, im Herzen immer Republikaner und wurde Napoleon nie
im Innern befreundet.
Nach dem Sturz des Kaisers und der Rückkehr der Bourbons wurde David im
Jahr 1816 aus Frankreich verbannt. Er liess sich desshalb in Brüssel nieder, weil
diese Stadt seinem Vaterlande, das er so heiss liebte, am nächsten lag und schlug
alle Anerbietungen des Königs von Preussen aus, der ihm die Stelle eines Direktors
aller seiner Kunstsammlungen übertragen wollte. Während seines Exils war er,
trotz seines vorgerückten Alters, immer noch unermüdlich thätig. Er setzte in
Brüssel nicht allein seine zahlreiche Schule fort, sondern malte auch noch verschie-
dene Gemälde, z. B. Amor und Psyche, und einen Mars, durch Venus, Amor und
die Grazien entwaffnet, die er zu Gent, Brüssel und Paris ansst-ellte. Auch zwei
andere Bilder von ihm gehören dieser letzteren Zeit seines Lebens an: der Zorn
des Achilles und der Abschied der Nymphe Eucharis von 'l'elemach. lm Jahr 1825
starb er, 7T Jahre alt. Unter seinen Schülern, die nachher zum Theil selbst aus-
gezeichnete Meister wurden , zählt man: (i iredet, Drouais, Gros, Gerard,
Isabey, Ingres, Leop. Robert, Granetu.s.xv. David erhielt von Napoleon
während des Kaiserreichs das Ritter- und nach seiner Rückkehr von lülba das Com-
mandeurkreuz des Ordens der Ehrenlegion.
Von David ging zuerst eine durchgreifende Umwandlung in der in grenzenlose
Entartung versunkenen französischen Kunst aus. Er vrar der erste, der sich in seinen
Werken Wieder dem Studium der Antike, einem reineren Style, einer gesunden natur-
gemässeren Auiiassung zuwandte und seiner Richtung mit einer Energie Eingang zu
verschaffen wusste, die in der französischen Malerei eine Revolution hervorrief, welche
fast mit demselben Terrorismus zu Werke ging, wie die gleichzeitige Umwälzung
des Staats , mit der sie überdiess in die engste Verbindung trat. Vei- Allem bemüht,
den Geist des klassischen Alterthums, die schlichte Kraft, den strengen Adel desselben
in sich aufzunehmen und zu reproduciren, verdankt er namentlich dem energischen,
aus dem Innern hervorqnellenden Pathos, dem grossartigen Rhythmus in den Be-
wegungen seiner Gestalten, der feierlich gemessenen Gesammtanordnung seiner Ge-
mälde seine siegreichen Erfolge; allein ihm blieb jene hohe Stille und Reinheit der
Seele, welche das Hanptverdienst der griechischen Kunstwerke ausmacht, durchaus
fremd. Die Antike wurde nie sein Eigenthum; er begriff von ihr nur die äussere
Form. Daher das Starre und Todte in seinen Bildern, daher das akademisch Studirte,
anstatt des lebendigen Lebens, das theatralisch Outrirte, anstatt des natürlichen,
wahren Gefühls. Jenesleidenschaftliche PathoS, das in ihm giiiilfv, VCTßHiii-Sßtß ihn
ausserdem nicht nur zu Uebertreibungen, sondern es ging sogar sehr oft in eineimehr
die Berechnung des Verstandes durchblicken lassende Manier über. Ueberdiess sind