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Dannecker.
Dannecker, Johann Heinrich von, ein berühmter Bildhauer, geb. 1758 zu Stutt-
gart, gest. daselbst 1841, war der Sohn eines herzogl. württ. Stallknechts und
zeigte schon von früher Jugend an Regungen künstlerischen Talentes, hatte aber
bei der Armuth seiner Aeltern keine Aussicht, dasselbe ausbilden zu dürfen, bis
er 1771 in die von Herzog Karl von, Württemberg errichtete militärische Pilanz-
schule auf dem Lustschloss Solitude kam, wo er anfänglich zum Tänzer erzogen
werden sollte, jedoch im Zeichnen, worin er ebenfalls Unterricht genoss , so rasche
Fortschritte machte, dass er sich den bildenden Künsten widmen durfte und schon
nach zwei Jahren in die Bildhauerklasse aufgenommen werden konnte. Hier ent-
wickelten sich im Umgange mit hochbegabten Jünglingen, mit Schiller, dem sich
ebenfalls zum Bildhauer bildenden Scheffauer, dem geschickten Kupferstecher
J. G. Müller, sowie mit dem genialen Musiker Zumsteeg, und unter der Leitung
des Bildhauers Le Jeune und der Maler Guibal und Harp er seine Anlagen un-
gemein glücklich, so dass er schon in seinem 18. Jahre in der Concoursprüfung mit
seinem Milo von Kroton, der, die Hände in den Baumspalt geklemmt, von einem
Löwen angefallen wird, den Preis davon trug. Bald darauf, im Jahr 1780, wurde
er als herzoglicher Hofbildhauer angestellt und war als solcher namentlich für die
herzoglichen Schlösser in der Ausschmückung von Festsälen durch Kinderengel,
Ka-ryatiden u.s.w. thätig. Er sehnte sich jedoch nach höherer Ausbildung und trat
daher 1783 in Begleitung Scheffauefs zu Fuss die Reise nach Paris an, wo er
mit diesem im Atelier Pajou's und unter dessen liebevoller Leitung und Berathung
den eifrigsten St-udien oblag. Einen sitzenden Mars schickte er von dort als Probe
seines Fleisses und Fortschrittes nach der Vaterstadt. In Begleitung Scheffauefs
machte er sodann 1785 auch die Reise nach Rom, wo er 5 Jahre verweilte, während
welcher ihm im Anschauen und Studium der Antiken ein rcineres Verständniss wahrer
Kunstschönheit aufging. Hier wurde er auch mit Göthe und Herder bekannt; den
meisten Einfluss auf seine künstlerische Ausbildung übte jedoch Canova, dessen
Streben, das eine ganz neue Kunstrichtung anbahnte, in ihm ein ähnliches weckte.
Rühmliche Zeugen seiner ernsten Studien und gewaltigen Fortschritte waren die
treiflich ausgeführten Marmorstatuen der Ceres und des Bacchus (jetzt im Residenz-
schloss zu Stuttgart), die zu Rom entstanden.
Im Jahre 1790 kehrte Dannecker in seine Vaterstadt zurück, welche er, mit
Ausnahme einiger kleineren Reisen nach Paris, Wien und Zürich, nimmer verliess.
Er wurde bald nach seiner Ankunft in der zur hohen Schule erhobenen und nunmehr
nach Stuttgart verlegten Karlsakademie zum Professor der Bildhauerkunst ernannt
und von Herzog Karl für seine Schlösser mit verschiedenartigen Arbeiten vielfach
beschäftigt, war aber auch sonst in eigenen Produktionen unermüdlich thätig. In
diesem Wirkungskreise fand er in dem späteren Geheimen Hofrath und Hofbank-
direktor Rapp einen Freund, dessen ideale Lebensansicht und geistvolle Kunstan-
schauung ihn mächtig anzogen und auf sein ganzes künstlerisches Schaffen bestim-
mend einwirkten. Jedes neue Werk des Künstlers verdankte sein Entstehen der ge-
meinschaftlichen Berathung und dem vertrauenden Gedankenaustausche der beiden
Freunde. Der gröSSßrß Horizont von Rapps wissenschaftlichen Kenntnissen und der
geübte künstlerische Takt Danneckers kamen sich, einander gegenseitig ergänzend,
entgegen, um die schönen Ideen, die in des Künstlers Seele erwacht, oder die ihm
durch einen Wink des Freundes dargeboten waren, zur würdigsten Ausführung zu
bringen. So riefen innerer Trieb und günstige Auffbrderungen von Aussen eine Reihe
von Werken in's Dasein, welche von jetzt an, wenn auch nicht in rascher Folge, doch
mit innigem Verständniss der Natur, mit ungemeinem Fleiss und in dem reinsten
Streben nach dem edelsten Ausdruck würdiger Ideen unter seiner Hand entstanden.
Seine erste Arbeit nach seiner Zurückkunft war das für einen seiner Gönner
begonnene Modell eines um seinen Vogel trauernden Mädchens, das aber erst in den
letzten Jahren seines Lebens in Marmor ausgeführt wurde. Sodann entwarf er für
den Herzog u. A. für das Hypothyron des herzogl. Geheim-Kabinets zu Hohenheim
die geistreiche Skizze Alexander des Grossen, der seinem Freunde, welcher nach