Volltext: A - E (Bd. 1)

Cornelius. 
Schriftgelehrten die Frage stellen: „Wer ist mein Nächster?" denen antwortet der 
göttliche Meister mit der Parabel vom barmherzigen Samariter, die den Gegenstand 
der Lünette bildet. Auch die Gruppen der Seligkeiten zwischen den beiden Haupt- 
bildern stehen im Zusammenhang mit dem Inhalt der letzteren. Die zur Linken 
bezieht sich auf den Spruch: „Selig sind die Barmherzigen!" die zur Rechten auf 
den Spruch: "Selig sind die Friedfertigen l" -Auf der Südwand bildet die Apostel- 
geschichte oder die Gründung der Kirche das Hauptthema. Desshalb veranschaulicht 
uns auch das Mittelbild über der Thüre, die von der Begräbnisshalle in den Dom 
führt, die Ausgiessung des h.Geistes am Pfingstfeste. Die Felder links sind dem 
Leben der beiden Apostelfürsten, die zur Rechten den Leiden der Bekenner Christi 
und dem Sieg des Evangeliums gewidmet. Auf dem ersten Hauptbilde der linken 
Seite sehen wir Petrus, der durch seinen Schatten im Vorbeigehen Kranke heilt, und 
in der Lünette, wie er die Tabitha aus dem Tode auferweckt. Zum Beweise aber, 
dass nicht eigene Kraft des Apostels, sondern der Geist Gottes diese Thaten wirkt, 
zeigt die Predella den Apostel in zwei Momenten seines früheren, noch nicht vom 
heil. Geist durchdrungenen Lebens, in der Verläugnung des Herrn und in seiner 
Kleingläubigkeit. Diesen Augenblicken menschlicher Schwäche des einen Apostels 
entspricht die Verblendung und der falsche Eifer, von dem der andere Apostelfürst 
Paulus zur Verfolgung der Christen angetrieben wurde. Diese blinde Verfolgungs- 
Wuth schildert die Predelle des Nebenbildes, Während-die Hauptdarstellung uns Pauli 
wunderbare Bekehrung veraugenscheinlicht und die Lünette ihn in dem heiligen Eifer 
der weiteren Verbreitung des vordem von ihm verfolgten Christenthums, wie er zu 
Athen predigt, zeigt. In den Darstellungen zur Rechten des Hauptmittelbildes schil- 
dert dann der Künstler die grossen Schicksale der Kirche, ihre Kämpfe und Leiden, 
ihre Freuden und Triumphe. So bildet die Steinigung des heil. Stephanus, des ersten 
Blutzeugen, den Gegenstand des nächsten Hauptbildes, der verzweiiiungsvolle Tod 
der Sünder den der Predella, und die Anbetung des Lammes durch die Heiligen des 
Himmels den der Lünette, Während das Hauptbild daneben, um zu verdeutlichen, wie 
dem Leiden der Bekenner die Siege des Evangeliums über die Völker der Erde zur 
Seite gehen, Philippus zeigt, der den Kämmerer der äthiopischen Königin in der 
neuen, die alten Weissagnngen erfüllenden Lehre unterweist, in der Liinette aber 
der Engel, der dem Heiden Cornelius erscheint und ihn zu Petrus sendet, dargestellt 
ist, die Predella jedoch, als Gegensatz, die Opposition des Heidenthums gegen die 
Kirche in den für ihre Industrie in Aufruhr gerathenen Goldschmieden von Ephesus 
veranschaulicht. Die zwischen den Bildern dieser Wand eingeschalteten Darstel- 
lungen von Seligkeiten erinnern an die Sprüche des Heilandes: „Selig sind die Sanft- 
müthigen!" und: „Selig sind, die reines Herzens sind   Endlich vergegenwärtigt 
uns die vierte und letzte, die nördliche iVand: das Ende des Irdischen und den 
Uebergang zum Ewigen, die letzten, Dinge des Menschengeschlechts, des Meisters 
grösste Schöpfungen, in denen es ihm gelang, die apokalyptischen Anschauungen 
vom Untergange der Welt und dem Neubau einer verklärten, seligen , so klar und 
kräftig, so maassvoll und schön in die bildende Kunst zu übertragen. Das Mittelbild 
stellt Christus als Weltrichter dar, indem er unter dem Gleichniss von den klugen 
und thörichten Jungfrauen die Guten von den Bösen scheidet, während die vier Seit-en- 
bilde! die letzten Dinge selbst schildern und zwar so, dass die zwei zur Linken des 
richtenden Christus die Scenen des Zorns und der Strafe, die zwei zur Rechten aber 
die der Hofihung und des Heils versinnlichen und, noch näher sich entsprechend, das 
äusserste rechts vom Beschauer den Untergang des Fleisches, das äusserste links 
die Auferstehung der Todten, von den beiden inneren das eine rechts den endlichen 
Sieg über das Böse in der Zerstörung des alten Babylons, das andere links die Grün- 
dung des neuen himmlischen Jerusalems veranschaulichen. Die Predellen der vier 
Seitenbilder sind einer fortlaufenden Versinnlichung des in Liebe thätigen Lebens, 
den Werken der Barmherzigkeit gewidmet. Das erste grosse Hauptbild: die Aus- 
sendung der vier apokalyptischen Reiter: der Pest, des Hungers, des Krieges und 
des Todes, ist eine der ergreifendsten Compositionen, in welcher das schrecklichste
	        
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