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Cornelius.
legte Cornelius zuerst wieder Hand an das bereits in München angefangene, aber erst
1843 vollendete Bild; Christus unter den Erzvätern in der Vorhölle für den Grafen
Raczinsky daselbst. Ganz im Geiste der Conceptionen der Bilder in der Ludwigskirche,
zu denen es sogar eine Ergänzung bildet, erfunden, stellt es sich als die Vereinigung
des alten Bundes mit dem neuen dar, als die Vollendung der Offenbarung, indem er darin
den grossen Gedanken versinnlicht, dass Christus von Anbeginn der WVelt an von der
Menschheit geahnt, ja als nothwendige Erscheinung mehr oder minder klar voraus-
gesehen und dadurch ihr Heiland geworden. Das Bild ist von einer gewaltigen
Gedankenkraft und Tiefe; die grossen Gestalten des alten Bundes sind mit der vollen
Energie eindringendster Auffassung dargestellt und, in dem Momente ihres Erwachens
zu dem höheren Leben der mit Joseph, Johannes und Christus auftretenden Erlösung,
von ergreifendst-er Wirkung.
Nach der Rückkehr von einer im Sept. 1841 unternommenen Reise nach Eng-
land, wohin er von mehreren angesehenen Kunstfreunden berufen werden, um die
Ausführung einiger Fresken zu überwachen, die dort nach seinen Zeichnungen
ausgeführt werden sollten, erhielt sodann der Meister vom König von Preussen
den Auftrag, die Zeichnungen zu dem für den Prinzen von Wales als Pathen-
geschenk bestimmten Glaubensschild (gest. in 6 Blättern von A. Hoffmann und
L. A. Schubert) zu entwerfen. Der Inhalt dieser Darstellungen bezieht sich auf
die heiligen Mysterien des Glaubens, auf die Bedeutung desselben für das Leben und
namentlich auf die Geburt des königl. Prinzen, zu dessen Gedachtniss das Ganze
bestimmt war. Der Schild hat eine kreisrunde Gestalt und besteht aus einem mitt-
leren Kreis und einem breiten Fries, Welcher, nur durch ein reich ornamentirtes Band
von ihm getrennt, denselben umgibt. Ueber den mittleren Kreis ist ein Kreuz gelegt,
in dessen Mitte sich das Brustbild des Erlösers befindet, während an den Enden der
Kreuzesarme Medaillons mit den Brustbildern der vier Evangelisten angeordnet sind.
Ueber diesen Medaillons sieht man, von sinnreichen Arabesken getragen, die Bilder
der drei Haupttugenden der Liebe, des Glaubens und der Hoffnung, denen als vierte,
bedeutsam für den künftigen Regenten, die Gerechtigkeit beigefügt ist. In den
Dreieckfeldern zwischen den Kreuzesarmen sind die Taufe und das Abendmahl, die
in der protestantischen Kirche als Sakramente gefeiert werden, und zwei Scenen aus
dem alten Testament, die als Vordeutungen jener Ereignisse gelten: Moses, Wasser
aus dem Felsen schlagend, und das Mannalesen angebracht. Das Band zwischen dem
Kreis und dem Fries enthält zwischen ornamentistischen Füllungen, in denen, auf das
Abendmahl anspielend, Reben und Kornähren wechseln, zwölf kleine Felder mit den
Gestalten der Apostel, welche auf dem Schild selbst in Karneol geschnitten wurden.
Auf dem breiten Fries endlich, der den Rand des Schildes umgibt, ist eine Folge von
Scenen, welche die Hauptpunkte des christlichen Glaubens ausmachen, dargestellt
und zwar: Christi Einzug in Jerusalem; der Verrath des Judas und dessen Folgen;
Tod, Grablegung und Auferstehung Christi; die Ausgiessung des heil. Geistes; Petri
Predigt vor allerlei Volk und, indem der Künstler die ferne Vergangenheit mit der
Gegenwart und das freudige Ereigniss auf die sinnvollste Weise verknüpfte, ein
Priester, der zur Taufe des Prinzen von YVales durch Jordanwasser, welches eng-
lische Priester gebracht, schreitet; die Königin Viktoria auf dem Ruhebette, ihren
Sohn in den Armen haltend; ein Eilbote, der den Besuch des königl. Pathen aus
Preussen ankündigt; König Wilhelm IV. von Preussenis Fahrt auf dem Daynpfboot,
in Begleitung von Alexander v. Humboldt und Anderen; Prinz Albert und der Herzog
v. Wellington an der Themse Strand, zum Empfang des hohen Gastes gesandt. In
diesen Darstellungen "bewundert man abermals die geistvolle Durchdringung der Auf-
gabe, die Tiefe und sinnige Durchbildung der Ideen, verbunden mit der harmonischen
Gestaltung des Raums und der Grossartigkeit und Anmuth der Darstellung. (Der
"Schild selbst wurde von Fischer modellirt, von WVolf und Lambko in Silber
gegossen und von Mertens ciselirt. Das eigentlich Ornamentistisehe rührt von
Stiller her.)
Darauf leitete Cornelius die Ausführung der für die Wände der Vorhalle des