Volltext: A - E (Bd. 1)

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Clouet, Jean 
C1 ouet , Jean , Sohn. 
ausschliesslich huldigten, sein Vorbild in der Natur in schöne Verhältnisse zu 
bringen, ihm die vortheilhafteste Seite abzugewinnen. In seinen Bildern ist alles 
klar, studirt; nirgends bemerkt man eine anscheinende Aufopferung, eine Pretention 
des Vortrags; aber je näher man sie untersucht, um so tiefer dringt man in den 
physischen und geistigen Charakter der dargestellten Persönlichkeit ein; um so 
grösser erscheint unter diesem weisslichen Aussehen , diesem Mangel an allen Hülfs- 
mitteln des Helldunkels, die Feinheit der Modellirung; um so mehr erstaunt man über 
die Leichtigkeit und Sicherheit der Hand, mit der alle Einzelheiten vollendet sind. 
Diese feine und wahre Ausführung erinnert eines Theils an H olbein, und er dürfte 
diesem auch in der Feinheit des Geschmacks und Zierlichkeit überlegen sein; allein 
der deutsche Meister zeigt dagegen in seinen Bildern durchaus eine kräftigere und 
wärmere Färbung. Als sichere Gemälde seiner Hand betrachtet man: das Porträt 
Karl IX. von Frankreich und das seiner Gemahlin, Elisabeth von Oesterreich, im 
Louvre zu Paris, zwei kleine Bilder von ungemeiner Zartheit der Behandlung, feinem 
Schmelz und abgewogener Harmonie desSiIbertens. Das Porträt Heinrich II. im 
Louvre"', wo ihm oder seiner Schule überhaupt, ausser den genannten, 18 Bilder 
zugeschrieben werden , wird jetzt nur für eine Copie eines grösseren desselben 
Meisters gehalten. In der Bildersammlung in Castle Howard, dem Landsitze des 
Lord Carlisle in England, sieht man das vortreffliche lebensgrosse Bildniss der Katha- 
rina von Medici mit ihren Kindern: Franz II., Karl IX. und Margaretha, sehr iieissig 
in seinem blassen Colorit ausgeführt und besonders fein in den Händen, und 88 nach 
Holbein's Weise in schwarzer und rother Kreide sehr geistreich und lebendig aus- 
geführter Porträts der bedeutendsten Personen an den Höfen Heinrich lI., Franz IL, 
Karl IX. und Heinrichs III. Dann befindet sich in der k. Gallerie im Belvedere zu Wien 
das auf Leinwand gemalte Bildniss Karl IX. in ganzer Figur und Lebensgrösse, ein 
äusserst lebendig und mit grosser Feinheit durchgeführtes Gemälde des Meisters, be- 
zeichnet: Charles VIIII. tres chretien roy de Franco en Faage de XX. ans 
peinct au vif par Jannet 1563. (Das obenerwähnte Bildchen im Louvre ist eine 
Wiederholung dieses Porträts von1 Meist-er selbst.) Dem Frangois Clouet beigemessen 
werden: ein Porträt Franz II., Königs von Frankreich, als Knabe und ein weibliches 
Bildniss in der Gemäldesammlung zu Althorp, in England; ein kleines Porträt 
in der Gallerie in Staifordhouse zu London und Franz der II. als Kind im Schlcsse 
Hamptoncourt bei London. Ferner: das Bildniss Königs Heinrich II. von Frankreich 
und das des jungen Herzogs von Anjou, nachmaligen Königs Heinrich IIl. von Frank- 
reich, im Museum" zu Berlin. Endlich ein Brustbild ider Katharina von Medici im 
Besitz des Ministers Baron von Werther zu Berlin. 
Literatur. Le comto wie Laborde, La renaissance des arts ä 1a cour de France. Paris, 1850.  
F. Villot, Notice des tßbleaux exposes dans les galeries et du Musee imperial du Louvre. Paris, 
1855.  Waagen, Kunstblatt, Jahrgang 1851, Nro. 10 und 11. 
(P1011617, Jean oder Jehan Cloet, war Maler in Brüssel um 1475, wie aus einer 
Quittung erhellt (vom Grafen de Laborde, in seinem Werke: "LSS dllcs de Bour- 
gogne, Paris 1849" mitgetheilt), wornach er in dem genannten Jahre für den 
Herzog Karl den Kühnen von Burgund 26 Felder auf Flaggen gemalt hatte. Er war 
auch für den französischen Hof, der sich damals in Tours befand, beschäftige, doch 
scheint er sich nicht (wie der genannte Verfasser in einem neueren Werke: „La 
renaissance des arts a la cour de France" meint) bleibend dort niedergelassen 
zu haben , weil erst sein Enkel in Frankreich naturalisirt wurde. 
Clouet, Jean, der Sohn des Vorigen und Vater des Frangoig Clßuet, geb. 1485, 
war ein Niederländer von Geburt, muss sich aber schon vor der Thronbesteigung 
Franz I. in Frankreich niedergelassen und sich im Fache der Bildnissmalerei aus- 
gezeichnet haben, da er, wie aus einer Quittung hervorgeht, bereits im Jahr 1518 
als Maler des Königs mit einem Gehalt von 1800 Livres vorkommt, Im Jahre 1522, 
um welche Zeit er schon mit der Tochter eines Goldschmiede und Bürgers von Tours, 
wo selbst sich der französische Hof damals aufhielt, verheirathet war, ertheilte ihm der 
' Abgebildet in den D enkmälern d e r Kunst. Atlas zu Kuglers Handb. der Kunstgesoh. Taf S4 A, Fig. 4.
	        
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