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Carucci.
bedeutenden Fortschritte, die Jacopo binnen kurzer Zeit machte, durch unartiges
Betragen nöthigte, auch sein Haus wieder zu verlassen. Sein erstes Bild, das er
noch bei Mariotto malte, eine kleine Verkündigung, erregte das Wohlgefallen des
Raphael in so hohem Maasse, dass dieser dem jungen Künstler eine grosse Zukunft
prophezeite, und auch Michelangelo soll bei der Betrachtung eines lilrescogemäldes
von ihm, des mit den Figuren von Glaube und Liebe geschmückten Wappens der
Medici (gemalt kurze Zeit nachdem Leo X. den päpstlichen Stuhl bestiegen) beim
Haupteingang von S. Annunziata zu Florenz (jetzt grösstentheils zerstört) einen ähn-
lichen Ausspruch gethan haben. Diese und ähnliche Arbeiten bei den Einzugsfeier-
lichkeiten des Papstes Leo X. in Florenz, verschafften ihm einen so grossen Ruf, dass
er für die Kirchen in Florenz und Umgegend vielfach in Oel- und Frescogemälden
beschäftigt wurde. S.o führte er unter Anderem in der Vorhalle von S. Annunziata,
im Jahr 1515, eine Heimsuchung Maria aus, ein Fresco von eigenthümlich gross-
artigen Formen; im Jahr 1518 eine Madonna mit Heiligen für eine Kapelle in S.
Michele Bisdomini zu Florenz , ein Oelbild von herrlichem Colorit; den Erzengel
Michael und St. Johannes, den Evangelisten, für die Hauptkirche zu Pontormo; eine
Pietä. für eine Kapelle des Klosters von S. Gallo, ausserhalb Florenz (mit dem Ab-
bruch von Kloster und Kirche zu Grund gegangen); einige Begebenheiten aus dem
Leben Joseph's, auf zwei Kästen für Pier Francesco Borgherini gemalt, ungemein
schöne Bilder (zwei davon noch in der Gallerie zu Florenz); ferner mehrere Bilder reli-
giösen und mythologischen Inhalts für andere florentinische Edelleute und Kirchen aus.
Im Jahre 1522 liüchtete er sich, der Pest wegen, in ein 3 Meilen von Florenz
entferntes Karthäuserkloster, wo er im Kreuzgang nach Alb. Dür er's Kupferstichen,
die damals in Florenz bekannt geworden waren, mehrere Fresken aus dessen Passion
Christi, auch einige Oelbilder darnach malte. (Sie sind von der Zeit zerstört worden,
einige kleinere Copien von Jacopo da Empoli sieht man in der Akademie der
schönen Künste zu Florenz.) Nachdem die Pest vorüber und er wieder nach Florenz
zurückgekehrt war, schmückte er in einer Kapelle in S. Felicita daselbst die Wölbung
der Decke mit den Gemälden des von vier Patriarchen umgebenen Gott Vater und
der vier Evangelisten (diese Deckenbilder wurden 1766 zerstört), die Wand aber mit
einer Verkündigung, und den Altar mit einer Tafel, die Kreuzabnahme darstellend
(noch heute daselbst). Darauf verzierte er ein auf einer Anhöhe bei Florenz stehen-
des Tabernakel mit einem Cruciüx (von dem indessen kaum mehr eine Spur vor-
handen ist); malte für die Nonnen von S. Anna zu Florenz eine Madonna mit der
h. Anna und andern Heiligen (jetzt im Louvre zu Paris) ; eine Auferweckung des Lazarus
(die an den König Franz I. von Frankreich kam); die 11,000 von dem Kaiser Diocletian
gekreuzigten Märtyrer (gegenwärtig im Palazzo Pitti zu Florenz) und ein anderes klei-
neres Bild: die Schlacht der Märtyrer und den Engel, der sie tauft, darstellend (in
der öffentlichen Gallerie daselbst). Dann führte er einen Carton von Michelangelo,
Christus , der Maria Magdalena im Garten erscheinend, für den Alfonso Davolo,
Marchese del Guasto so schön in Oel aus, dass er dasselbe Bild sogleich für Allessandro
Viüelli, den dßilla-ligen Feldhauptmann der Gardesoldaten in Florenz, wiederholen
musste, Diese Bilder befriedigten durch ihre treffliche Behandlung Michelan gelo
so seh y , dass er ihn auch einen für seinen Freund Bart. Bettini angefertigten Carton,
Venus von Amor geküsst, ebenfalls in Oel malen liess. Als aber das Gemälde voll-
endet war und Bettini nur eine Kleinigkeit dafür zahlen wollte, liess es Herzog
Alexander von Medici so zu sagen mit Gewalt bei Ponformo abholen und gab diesem
50 Goldgulden dafür, zum grossen Verdruss Bettinfs, der nur den Originalcarton
zurückerhielt, und Michelangelo's , der seinem Freunde hatte einen Liebesdienst
erweisen wollen. Dieses vortrefflich gemalte Bild befindet sich jetzt im k. Palast
von Kensington bei London, eine Wiederholung davon im Berliner Museum. Für
denselben Herzog schmückte er Sodann unter Beihülfe des Bronzino eine Loggia der
Villa Careggi mit Fresken, die 1536 vollendet wurden und für dessen Nachfolger,
Herzog Cqsimo I., eine andere in dem Palast von Castello mit allerhand wunderlichen
mythologischen imd allegorischen Darstellungen. Endlich übertrug ihm letzterer