Carstens.
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sein selbstständiger Geist schon früh einen natürlichen Widerwillen gegen die aka-
dcmische Lehrmethode: durch geisttödtendes Copiren, Antiken- und Mode1lzei.chnen
zur Kunst zu gelangen, fühlte, und er sich lieber durch eigene Versuche im Com-
poniren, durch Bücher, Kupferstiche und die freundschaftlichen Belehrungen anderer,
in den Hauptregeln der Composition, der malerischen Gruppirung, in der massen-
haften Vertheilung von Schatten und Licht u.s.w. ausbilden, Alles aus sich selbst,
ohne Meister und Akademie, werden wollte. Er hat auch, ausser zwei Copien in
seiner Jugend, einigen Modellzeichnungen auf der Kopenhager-Akademie, die er,
durch äussere Rücksichten genöthigt, zeichnete , weder in Deutschland noch Italien
je etwas copirt. Seine erste grosse Composition war der Tod des Aeschylos. Ihr
folgte bald eine andere grössere: Aeolus und Odysseus, die er auf die Ausstellung
sandte und mit der er allgemeines Lob einerndtete. Unterdessen war er auch in die
Akademie eingetreten, weil er hoffte, durch den Einfluss des Erbprinzen, dem seine
Zeichnungen sehr wohl gefallen hatten, zu einer Reise nach Italien, dem Ziel aller
seiner Wünsche , befördert zu werden, und man, um zu einer solchen Unterstützung
zu gelangen, Zögling derselben sein musste. Er besuchte sie indessen , wie er selbst
sagt, nur „Scheines halber" und es war ihm völlig gleichgiltig, als er von ihr aus-
gewiesen wurde, weil er die ihm für eine Modellzeichnung zuerkannte grosse silberne
Medaille aus dem Grunde zurückgewiesen hatte, weil bei einer Konkurrenz um den
grossen Preis, an der er gar nicht betheiligt war, ein Verwandter des Direktors
Abilgaard dem würdigeren vorgezogen worden und sein strenges Gefühl für Recht-
lichkeit diese Ungerechtigkeit nicht leiden konnte. Ja, er wies sogar spätere An-
träge, sich um den grossen Preis, mit dem ein sechsjähriges Reisestipendium nach
Italien verbunden war, stolz zurück; denn durch die allgemeine Anerkennung, die
seinen Arbeiten sowohl von den Professoren der Akademie , als andern Künstlern zu
Theil geworden, war sein Selbstgefühl so erstarkt, dass er der Akademie sagen lassen
konnte: er bedürfe keiner Medaillen, seine Kunst sei ihm durch sich selbst Aufmunte-
rung und Belohnung genug und er hoffe auch ohne sie nach Rom Zu kommen. Bald
darauf verliess er auch wirklich Kopenhagen, um mit seinen geringen Ersparnissen
in der Porträtmalerei seine Sehnsucht, Rom zu sehen, zu stillen. Im Jahre 1'783 machte
er sich auf den Weg, hielt sich längere Zeit in Mantua auf, wo die Malereien des
Giulio Romano in Palazzo del Te einen gewaltigen Eindruck auf ihn machten;
Mangel an Geld und Unkenntniss der Sprache nöthigten ihn aber gar bald wieder
zur Rückreise nach Deutschland. Ueber Zürch, woselbst er Lavater und Gessner
kennen lernte, gelangte er endlich nach Lübeck, wo er sich niederliess und vom
Porträtmalen lebte. Die Reise war jedoch für ihn nicht ohne Nutzen gewesen. Er
hatte Werke von Giulio Romano, das Abendmahl von Leonardo da Vinci und
die Schweiz gesehen, und seine Phantasie war mit ganz neuen Ideen bereichert worden,
die er fortan in den schönsten Compositionen nach Homer, Aeschylos, Ossian, Klop-
stock, Allegorien nach eigener Erfindung mit denen er seine Portefeuilles
füllte, aussprach. Diese Arbeiten entstanden in seinen Mussestunden, da er den Tag
übe? für Geld arbeiten musste, auch fehlte es ihm an fordernden Hülfsmitteln, an der
Nahrung für seinen Kunstsinn und an äusserer Aufmunterung. Da hatte er nach
61116111 fast fünfjährigen Aufenthalte in Lübeck endlich das Glück , durch den Dichter
Overbeck mit einem reichen Kunstliebhaber bekannt zu werden, der ihn in den Stand
setzte, sich nach Berlin zu wenden, woselbst er eine bessere Wendung seines Schick-
sals efWß-Tfetß und wohin er sich dann auch im Frühjahr 1787 begab. Hier ging
es CßTst-ells, da er sich vorgesetzt hatte, keine Porträts mehr zu malen, anfangs sehr
kümmerlißh; er War daher auf den Erwerb durch Zeichnungen für Buchhändler be-
schränkt, bis ihm eine auf die zweite Ausstellung geschickte Composition von mehr
als lWfiihlllldert Figuren, den Sturz der Engel darstellend, eine Zeichnung von ausser-
ordentlichem Reichthum der Phantasie, im Jahr 1790 die Stelle eines Professors bei der
Alfadßmlfi der Künste und mechanischen Wissenschaften zu Berlin verschaffte. Unter
59111911 111er entstandenen Compositionen, von denen das Gastmahl des Plato eine der
schönsten des Künstlers überhaupt ist, nennt man auch noch: die Schlacht bei