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Lodovico.
Caracci ,
Seite wurde daher die Schule der Caracci von Tag zu Tage mehr besucht. Calvart,
Fontana u. s. w. verloren ihre besten Zöglinge und es währte nicht lange, so mussten
die übrigen Kunstschulen der Stadt geschlossen werden und die Caracci erlebten den
Triumph, ihre Gegner gedemüthigt zu sehen. Naturbeobaclitung mit der Nachahmung
der besten Meister zu verbinden, war zwar allerdings der feststehende Grundsatz der
Schule, jedem der Schüler stand aber dabei frei, die Bahn zu wandeln, die ihm am
meisten gefiel, ja jeder wurde zu dem Style angeleitet, der von Natur aus in ihm
lag. Daher rühren auch die verschiedenen eigenthümlichen Behandlungsweisen,
welche aus dieser einen Schule hervorgingen.
Neben dieser erfreulichen und höchst verdienstlichen Wirksamkeit als Lehrer
war Lodovico aber auch als Maler äusserst thätig. Obgleich etwas langsam, dafür
aber um so gründlicher arbeitend, führte er eine Menge Gemälde aus, von denen vor-
zugsweise die allgemeine Bewunderung erregten: sein Johannes, der Täufer, für
die Kirche dieses Heiligen (jetzt in der Pinakothek daselbst) und sein h. Georg in
S. Gregorio; die Krönung der h. Jungfrau in S. Pablo; die viel gepriesene Verklärung
Christi in S. Pietro und die Verkündigung in S, Giorgio; die Beschneidung Christi
und die Anbetung der Weisen in S. Bartolommeo di Reno; ferner verschiedene andere
Bilder in S. Domenico, S. Pietro, de' Mendicanti, S. Giacomo, S. Martino, S. Francesco,
S. Antonio, S. Caterina u. A. Dann seine berühmten Malereien in der Certosa und
andere für Privaten ausgeführte Bilder aus der heiligen und Profangeschichte, aus
der Mythologie oder nach eigenen Erfindungen, die sich jetzt in verschiedenen Kabi-
netten zerstreut finden.
Lodovico hatte sich jetzt sowohl durch alle diese Werke und seine Schule, die
im grössten Ansehen stand, nicht nur in seiner Vaterstadt, sondern in ganz Italien
einen solchen Ruf erworben , dass ihn der Kardinal Odoardo Farnese nach Rom be-
rufen liess, ihm seinen Palast mit Gemälden zu schmücken. Da er aber seine Vater-
stadt und seine Schule nicht verlassen wollte, schlug er seinen Neffen Annibale
vor, der nun die Malereien an seiner Stelle übernahm und ausführte, aber nicht voll-
endete, ohne seinen Oheim zu Rath gezogen zu haben, der auch auf seine dringenden
Bitten endlich auf einige Tage nach Rom reiste, Annibale in allen Dingen half und
berieth, ja an einige Bilder selbst Hand anlegte. Er malte eine der nackten Figuren,
welche das Medaillen halten, worauf die Fabel der Syrinx dargestellt ist.
Nach Bologna zurückgekehrt, setzte er seine gewohnte, zwischen den Unter-
richt in seiner Schule und die Ausführung von Bildern getheilte Thätigkeit fort.
Namentlich gehören hieher die umfassenden Malereien im Klosterhof von S.Michele
in Bosco, Scenen aus der Geschichte des h. Benedikts und der Legende der h. Cäcilie
darstellend, welche er mit seinen Schülern in den Sommermonaten der Jalu-e 1604
und 1605 ausführte. Diese Bilder zählt man sowohl in Beziehung auf grossartige
Composition und Schönheit der Ausführung, namentlich im Colorit, zu den schönsten
des Meisters. (Sie sind durch zwei Kupferwerke bekannt. Das erste führt den Titel:
Il claustro di S. Michele in Bosco di Bologna, dip. dal famose Lod. Caracci e da altri
maestri usciti della sua scuola, descritto dal Conte C. C. Malvasia ed intagliate, da.
Giac. Giovannini. Bologna 1694 fol. Das zweite wurde unter demselben Titel
von Z anotti 1776 herausgegeben.) Jedes der sieben vom Meister selbst ausgeführ-
ten Gemälde soll in einem besonderen, dem Gegenstand angepassten Style behandelt
sein, so dass man bald das Feuer des Tintoretto, bald den Farbenreiz des lTizian,
dort die Anmuth des Correggio, hier die Pracht des Paolo Veronese u. s. w.
zu bewundern genöthigt sei. Nach Vßllendung dieser Arbeiten finden wir ihn vier
Jahre lang mit der Ausführung grosser Gemälde in Piacenza beschäftigt, wo ihn die
Nachricht vom Tode des Annibale traf. Durch die Verluste seiner beiden Neffen
(Agostino war schon 1601 gestorben), die Hauptstützen seiner Schule und Kunst-
weise, wurde er aufs Tiefste betrübt, auch verbitterte ihm das nichtswürdige Treiben
seiner beiden Grossnelfen seine Tage immer mehr. Er schuf zwar noch eine Reihe
grosser Arbeiten in Bologna, Imola und andern italienischen Städten, allein sein
Missmuth nahm so zu, dass der Gram über einige Fehler an einer für die Kathedrale